taz.de -- Gesprächsmitschnitte auf YouTube: Erdogan gibt Telefonate zu

Erdogan hat die Echtheit von zwei der veröffentlichten Telefonate bestätigt. Im Fall einer Niederlage bei den Kommunalwahlen will er zurücktreten.
Bild: Siegessicher: Recep Tayyip Erdogan vor seinen Anhängern.

ISTANBUL afp | Der durch Korruptionsvorwürfe unter Druck geratene türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat die Echtheit von zwei Telefonmitschnitten bestätigt, die nach Einschätzung seiner Kritiker eine illegitime Einflussnahme auf einen Gerichtsprozess und eine Ausschreibung belegen. Gleichzeitig bezeichnete Erdogan am Mittwoch die erstmals Mitte Dezember aufgetauchten Korruptionsvorwürfe gegen seine Regierung erneut als „Putschversuch“.

Im Internet waren in den vergangenen Wochen mehrere Mitschnitte von Telefonaten Erdogans aufgetaucht. Der Ministerpräsident hatte die meisten als Fälschungen zurückgewiesen, einige aber auch bestätigt. So räumte er bereits ein, einen privaten Fernsehsender aufgefordert zu haben, weniger ausführlich über die Opposition zu berichten. Einige Mitschnitte waren offenbar von der Staatsanwaltschaft im Rahmen der von Erdogan kritisierten Korruptionsermittlungen angeordnet worden. Wer sie jetzt veröffentlicht hat, ist nicht bekannt.

Am Mittwoch nahm Erdogan nun zu [1][//www.youtube.com/watch?v=gchNQ02h4Ik&feature=share:einem Mitschnitt] Stellung, in dem er mit seinem damaligen Justizminister Sadullah Ergin über einen Prozess gegen den Erdogan-kritischen Medienunternehmer Aydin Dogan spricht. In dem Telefonat ärgert sich Erdogan über einen Freispruch für Dogan; Ergin beruhigt ihn mit dem Hinweis auf höhere Instanzen. Erdogan sagte am Mittwoch, es sei nur normal, wenn er seinen Justizminister bitte, ein bestimmtes Gerichtsverfahren im Auge zu behalten.

In dem zweiten Mitschnitt geht es um die Ausschreibung zum Bau eines Kriegsschiffes. Der Auftrag war zunächst an den Industriekonzern Koc vergeben worden, dessen Haltung während der Gezi-Unruhen im letzten Jahr den Zorn Erdogans erregt hatte. In [2][//www.youtube.com/watch?v=BI5drLUEs5I:dem Telefonat fordert Erdogan den Unternehmer Metin Kalkavan auf], trotz abgelaufener Frist ein Konkurrenz-Gebot einzureichen. Der Auftrag an Koc wurde später annulliert. Erdogan sagte dazu, der Kalkavan sei bei der ursprünglichen Ausschreibung übergangen worden.

Erdogan ist siegessicher

Gut drei Wochen vor den Kommunalwahlen in der Türkei gibt sich Erdogan dennoch siegessicher. Wenn seine islamisch-konservative AKP aus der Wahl am 30. März nicht erneut als stärkste Kraft hervorgehe, werde er aus der aktiven Politik ausscheiden, zitierte die Nachrichtenagentur Anadolu den Regierungschef am Mittwoch. Laut Umfragen dürfte es allerdings kaum dazu kommen, da die Erdogan-Partei AKP trotz der Korruptionsaffäre um die Regierung unangefochten an der Spitze liegt.

Als Wahlziel für die Kommunalwahlen am 30. März hat Erdogan einen Stimmenanteil von landesweit mindestens 38,8 Prozent genannt, was dem Ergebnis der AKP bei den Kommunalwahlen 2009 entspricht. Bei der Parlamentswahl 2011 erreichte die AKP fast 50 Prozent. Nach derzeitigen Umfragen ist die Position der Erdogan-Partei als stärkste politische Kraft im Land nicht gefährdet.

In einem Interview mit der regierungsnahen Zeitung Star kündigte der Ministerpräsident für die Zeit nach den Kommunalwahlen neue Schritte gegen die Gülen-Bewegung an. Einzelheiten nannte er nicht. In den vergangenen Wochen hatte Erdogan mehrere tausend Polizisten und hunderte Richter und Staatsanwälte versetzen lassen, die als Gülen-Anhänger galten.

5 Mar 2014

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