taz.de -- Eurokrise auf Zypern: Mit einem Kasino gegen die Krise

In Zypern werden Sparer wohl zwei Drittel ihres Guthabens über 100.000 Euro verlieren. Außerdem hat die Regierung andere Rettungspläne: unter anderem ein Kasino.
Bild: Zypern sucht nach seriöseren Renditeideen als der internationalen Steuerflucht.

NIKOSIA/BERLIN taz | Für Firmen und Privatanleger auf Zypern kommt es noch dicker als vermutet: Von Guthaben über 100.000 Euro bei der Bank of Cyprus könnten bis zu 60 Prozent verloren gehen. Das bestätigte die zyprische Zentralbank am Samstag.

Beträge unter 100.000 Euro gelten als geschützt. Was darüber hinausgeht, soll bei Kunden der Bank of Cyprus zunächst mit 37,5 Prozent belastet werden. Damit ist die Rekapitalisierung von Zyperns größter Bank geplant. Weitere 22,5 Prozent der Einlagen werden vorläufig einbehalten und ebenfalls konfisziert, sollte das Geld nicht ausreichen. Für ihr Kapital erhalten die Sparer Anteile der Bank. Diese sind aber praktisch wertlos.

Wer sein Geld bei der zweitgrößten Bank Laiki angelegt hat, kommt voraussichtlich noch schlechter weg. Bisher ist nicht bekannt, wie hoch der Abschlag bei der Bank sein wird, die demnächst aufgelöst werden soll und deren „gute“ Teile man mit der Bank of Cyprus verschmelzen will.

Mit dem Geld der Anleger soll das Bankensystem Zyperns restrukturiert werden. Insgesamt ist vorgesehen, dass diese 5,8 Milliarden Euro zur Rettung beitragen. Aufgrund dieser Beteiligung erhält Zypern einen Kredit von EU, Europäischer Zentralbank und IWF in Höhe von zehn Milliarden Euro.

Weniger Ausländer, mehr Zocken

Zahlreiche kleinere Unternehmen entlassen derzeit ihre Angestellten, weil ihnen Geld fehlt. Nach Angaben der Hotelierskammer hat „fast jedes zweite Hotel schwere Schäden“ erlitten. Zyperns Präsident Nikos Anastasiades sagte am Sonntag, die Regierung plane eine Regelung, nach der ein Betrieb höchstens 30 Prozent Ausländer beschäftigen dürfe.

Auf Zypern arbeiten etwa 100.000 Ausländer vor allem aus den Philippinen, Syrien, Bulgarien und Rumänien, darunter viele Hausmädchen, Hotelangestellte und Bauarbeiter. Anastasiades kündigte ferner an, die Mieten senken zu wollen und den Bau eines Spielkasinos zu forcieren. Bisher gibt es nur im türkischen Norden der Insel Kasinos, die auch viele spielsüchtige griechische Zyprer anziehen.

Zur Untersuchung möglicher Skandale soll am Dienstag ein von der Regierung beauftragtes Komitee seine Arbeit aufnehmen. Dabei geht es auch darum, dass die Banken in einigen Fällen auf die Rückzahlung von Krediten verzichteten. Das betrifft etwa die linke Gewerkschaft PEO, die so angeblich drei Millionen Euro sparen konnte.

Eine in Griechenland publizierte Liste führt mehrere Parlamentsabgeordnete als mögliche Nutznießer korrupter Geschäfte auf. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Presse berichtete, dass Unternehmen kurz vor der Bankenschließung vor zwei Wochen rund 700 Millionen Euro aus Zypern in Ausland überwiesen hätten.

1 Apr 2013

AUTOREN

Klaus Hillenbrand

TAGS

Zypern
Euro-Krise
Zypernkrise
Bundesverfassungsgericht
EU-Finanzpolitik
Zypern
Zypern
Zypern
Zypern
Zypern
Banken
Bankenkrise

ARTIKEL ZUM THEMA

Klage gegen Zypern-Hilfe: Karlsruhe will nicht alles prüfen

Gegen das Zypern-Hilfspaket klagen? Kann nicht jeder, sagt das Bundesverfassungsgericht. Das geht nur, wenn persönliche Grundrechte betroffen sind.

Hilfe der EU: Milliardenflucht aus Zypern

Das Land bekommt Hilfskredite, allerdings reicht das Geld nicht, weil viele Anleger ihr Geld abgezogen haben. Jetzt muss der Inselstaat noch mehr sparen.

Rettungsabkommen Zypern: Panik auf dem Goldmarkt

Zypern soll als Teil seiner Vereinbarung mit internationalen Geldgebern Gold verkaufen. Aber das Land braucht nun noch mehr Rettungsgelder als bisher angekündigt.

Eurokolumne: Schäuble baut deutsches Europa

Schäuble hat in der Eurogruppe das Sagen. Doch sein kaltschnäuziges Vorgehen schürt die Angst vor einem deutschen Europa.

Untersuchungskommission in Zypern: Kapitalflucht mit politischer Hilfe?

Geschenkte Kredite und Bargeld-Schmuggel: In Zypern soll nun eine Untersuchungskommission klären, wer sich an der Krise bereichert hat.

Krise auf Zypern: Löhne runter, Steuern rauf

Finanzminister Sarris nimmt nach nur kurzer Amtszeit seinen Hut. Derweil wird ein neues Sparpaket geschnürt, dass den Menschen auf Zypern weitere Bürden auferlegt.

Zypern will in der Eurozone bleiben: „Keine riskanten Experimente“

Seit 2008 ist Zypern Mitglied der Eurozone und will sie auch nicht verlassen. Das stellte Präsident Anastasiades klar. Am 4. März will man ein Sparprogramm präsentieren.

Krise in Zypern: Operation „Banköffnung“ geglückt

Die Geldinstitute arbeiten wieder, das große Chaos ist ausgeblieben. Was den Menschen jedoch bleibt, ist die Unsicherheit über ihre Zukunft.

Bankenöffnung in Zypern: Sorge vor Chaos

Vor der geplanten Öffnung der zyprischen Banken ist die Polizei im Alarmzustand. Viele Konten wurden von London und Moskau aus längst leer geräumt.