taz.de -- Reproduktive Rechte: Als Mutter pro choice

Die gebürtige Australierin Kate Cahoon kämpft für sexuelle Selbstbestimmung. Den „Marsch für das Leben“ hält sie für organisierten Antifeminismus.
Bild: Kämpferin fürs Klima und für sexuelle Selbstbestimmung: Kate Cahoon

Kate Cahoon ist bereits Mutter und erwartet jetzt selbst ein Kind. Gerade deshalb, so sagt die 31-Jährige am Telefon, geht sie gegen sogenannte Lebensschützer*innen auf die Straße – auch am Samstag, wenn der [1][„Marsch für das Leben“] wieder durch Berlin ziehen wird.

„Als meine Partnerin unser erstes Kind bekam, habe ich gemerkt, dass das wirklich etwas ist, was aus freier Entscheidung passieren sollte“, sagt die queere Cahoon und ergänzt: „Es geht nicht nur um Abtreibungen. Die Leute, die da mit frauen- und menschenfeindlichen Parolen auf die Straße gehen, haben etwas gegen meine Familie, gegen Regenbogenfamilien.“

Viele Leute dächten, dass beim „Marsch für das Leben“ nur ein paar „Spinner“ mitlaufen würden, sagt die Aktivistin, „aber es geht um organisierten Antifeminismus und reaktionäre Kräfte, die finanziell sehr gut aufgestellt sind“. Mit der AfD hätten sie – neben den beiden Unionsparteien CDU/CSU – eine weitere Stimme im Parlament gewonnen.

Vor sechs Jahren wurde Kate Cahoon auf das [2][Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung] aufmerksam, bei dem sich Beratungsstellen und mehr als 40 feministische Gruppen, Gewerkschaften, Grüne und Linke engagieren, die sich gegen den alljährlichen Aufmarsch christlicher Fundamentalist*innen, Konservativer und AfDler positionieren – und für die Abschaffung des Paragrafen 218, der Schwangerschaftsabbrüche kriminalisiert.

„Davon ausgegangen, dass Deutschland schon weiter wäre“

Das Kennenlernen des Bündnisses war ein Schlüsselmoment für die gebürtige Australierin Cahoon. „In Australien gibt es auch Probleme, was die sexuelle Selbstbestimmung angeht. Aber ich bin einfach davon ausgegangen, dass Deutschland schon weiter wäre. Es war ein Schock.“

Seitdem engagiert sich die studierte Politikwissenschaftlerin in dem Berliner Bündnis, organisiert Gegendemos mit und moderiert Gegenkundgebungen. Das Verhältnis zum linksradikalen Bündnis [3][What The Fuck], das am Samstag auch gegen den „Marsch für das Leben“ unterwegs sein wird, sieht Cahoon als ein solidarisches.

„Wir wollen aber nicht nur gegen etwas auf die Straße gehen“, sagt Cahoon, die hauptberuflich als Campainerin bei der Klimaschutzorganisation 350.org arbeitet. Am 28. September, dem internationalen Tag für legale Abtreibungen, wollen sie und das Bündnis die eigenen Anliegen voranbringen.

Im Jahr 1990 wurde dieser Tag von der Campaña 28 de Septiembre als Aktionstag zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in Lateinamerika und der Karibik zuerst begangen. Das Berliner Bündnis nimmt dieses Jahr zum zweiten Mal daran teil.

Schwangerschaftsabbrüche normalisieren

Deutschlandweit wollen sich am 28. September in insgesamt 35 Städten Gruppen an der Aktion beteiligen, sagt Cahoon. „Es geht darum, Schwangerschaftsabbrüche zum Teil der normalen Gesundheitsversorgung zu machen.“ Cahoon wird wieder auf der Berliner Kundgebung sprechen – in diesem Jahr dann mit Babybauch.

15 Sep 2020

LINKS

[1] /Schwerpunkt-Marsch-fuer-das-Leben/!t5032777
[2] https://www.sexuelle-selbstbestimmung.de/
[3] https://whatthefuck.noblogs.org/

AUTOREN

Stefan Hunglinger

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