taz.de -- Kommentar Asylzentren in Afrika: Hochtrabender Blödsinn
Asylzentren in Drittländern sind weder rechtskonform, noch lösen sie das Flüchtlingsproblem. Keine afrikanische Regierung wird sie unterstützen.
Was macht zukünftig eine Afrikanerin, die Asyl in einem europäischen Land will? Geht es nach den [1][neuesten Vorstellungen der Europäischen Union], reist sie durch die Wüste Richtung Libyen, lässt sich in einem Sklavenlager ausrauben und vergewaltigen, wird dann von Schleppern in ein überfülltes Schlauchboot gesetzt, schließlich von Europäern in internationalen Gewässern aus dem Mittelmeer gefischt und am Ende an die nordafrikanische Küste zurückgebracht, wo sie in eine „regionale Ausschiffungsplattform“ unter UN-Aufsicht kommt. Dort darf sie dann Asyl beantragen und landet irgendwann entweder in Europa oder wieder zu Hause.
So ein Blödsinn! Asylzentren in Drittländern sind weder rechtskonform, noch lösen sie irgendein Flüchtlingsproblem. Sie lösen höchstens ein Befindlichkeitsproblem der deutschen Innenpolitik, indem sie dafür sorgen sollen, dass gar kein Flüchtling mehr die EU erreicht und damit die Frage der Zurückweisung an der bayerischen Grenze sich gar nicht mehr stellt. Das wäre die Festung Europa, von der die AfD träumt. Aber keine afrikanische Regierung spielt dabei mit.
Und die überhebliche Idee, mit genügend Geld könne man afrikanische Folgsamkeit erkaufen, ist spätestens dann absurd, wenn die „Ausschiffungsplattformen“ ein Vielfaches von dem verschlingen, was eine vernünftige Partnerschaft mit Afrika mit einer gemeinsamen Migrations- und Entwicklungspolitik kosten würde. Zumal nicht einsehbar ist, warum nach dem EU-Modell asylsuchende Afrikaner nicht gleich Asyl in Europa beantragen können sollen, statt erst ins Mittelmeer zu fallen.
Was Afrika braucht und was Afrikaner brauchen, ist kein Geheimnis: Legale Wege der Freizügigkeit, die illegale Einwanderung überflüssig machen. Darüber müssen EU und Afrikanische Union miteinander sprechen. Auf Augenhöhe. Das fällt der EU traditionell schwer, besonders wenn es um Afrika geht. Aber irgendwann muss auch dieses hochtrabende Europa einmal erwachsen werden und sich als Teil der Welt statt als Nabel der Welt verstehen.
2 Jul 2018
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Das Entwicklungsministerium bekommt 2019 zwar mehr Geld – trotzdem viel zu wenig. Wo sind die, die sonst von Fluchtursachenbekämpfung schwafeln?
Die AfD hat entschieden, dass sie auch in Zukunft Journalist*innen von Parteitagen ausschließen kann. Dürfen die das überhaupt?
Wer meint, dass die EU-Kommission Stoßgebete anstimmt, um Merkel zu retten, liegt falsch. Das Steuer haben längst andere übernommen.
Der libysche Armeechef Haftar reißt sich den Ölexport unter den Nagel. Das dürfte auch die Pläne für Asylzentren der EU im Land erschweren.
Die Beschlüsse des EU-Gipfels bestehen überwiegend aus Wunschdenken. Für die Rettung der Regierungskoalition werden bilaterale Abkommen wichtig.
Auf dem EU-Gipfel kämpft Merkel nicht nur um die Zukunft Europas, sondern auch um die eigene. Spanien und Griechenland gewinnt sie als Partner.
Schon Gaddafi internierte Migranten in Zawiyah und Gharian, heute blüht hier das Schleppergeschäft. Bald könnten EU-Beamte vor Ort sein.
Beim Krisengipfel zur Flüchtlingspolitik in Brüssel konnte Merkel keinen Erfolg verbuchen. Statt um Solidarität ging es um Abschottung mit allen Mitteln.