taz.de -- Agentin-Verschwörung um Taylor Swift: Was angeblich jeder weiß

Das Trump-Volk fürchtet Taylor Swift. Der Megastar soll in geheimer Mission für Präsident Biden unterwegs sein. Ist da vielleicht was dran?
Bild: Maybe the problem – aber auch 007? Taylor Swift ganz in Blau bei der Premiere ihres Films „The Eras Tour“ am 11. Oktober 2023

[1][Taylor Swift ist der Megastar der Musikindustrie]. Die 34-jährige Musikerin ist zurzeit überall präsent. Diese Popularität macht sich inzwischen auch die rechte politische Szene in den USA zu nutze. Seit mehreren Wochen kursiert eine Verschwörungstheorie, die staunen lässt.

Laut mehreren konservativen Onlinepersönlichkeiten und Medien soll Swift Teil einer von den Demokraten und US-Präsident Joe Biden inszenierten Geheimoperation sein, die den Musikstar für seine politischen Ziele missbraucht. Swift ist demnach eine Geheimagentin, die Millionen von Fans dazu bringen soll, im November für Biden zu stimmen und damit einen möglichen Wahlsieg von Ex-Präsident Donald Trump zu verhindern.

Beweise für diese wilden Spekulationen gibt es keine. Für konservative Radio-Talkshows und Fernsehsender wie Fox News, Newsmax oder OANN ist dies allerdings kein Grund, nicht ausführlich darüber zu berichten. Nachdem die Verschwörungstheorie anfangs nur im rechten Lager der Republikaner Anklang gefunden hatte, ist sie mittlerweile Mainstream. Fox-News-Moderator [2][Jesse Watters] erklärte in seiner Sendung „Jesse Watters Primetime“ am 9. Januar, dass das US-Verteidigungsministerium bereits vor mehr als vier Jahren die Idee hatte, Swift als Agentin zu gewinnen.

„Es ist wahr. Die Abteilung für Propaganda innerhalb des Pentagon hatte den Verbündeten der Nato vorgeschlagen, Taylor Swift als Geheimagentin zur Bekämpfung von Falschnachrichten im Internet zu rekrutieren“, sagte Watters in der Sendung.

Einfach abschütteln

Nur einen Tag später dementierte das US-Verteidigungsministerium bereits diese Spekulation und zitierte dabei Swifts Hitsong „Shake It Off“, zu Deutsch, abschütteln. „Bezüglich der Verschwörungstheorie: wir werden sie einfach abschütteln“, sagte die Pressesprecherin des Pentagon, Sabrina Singh.

Damit hätte die ganze Sache vorbei sein können. Doch das Dementi aus dem Pentagon scheint vielmehr Benzin ins Feuer gegossen zu haben. Das Internet ist mittlerweile voll von Spekulationen über Swift, ihre Beziehung zu American-Football-Star Travis Kelce, dem bevorstehenden Super Bowl und der diesjährigen Wahl.

Ben Johnson, ein konservativer YouTuber und Influencer, mit mehr als 2 Millionen Followern auf X, ehemals Twitter, setzte noch einen obendrauf, als er in einem Video die Verschwörungstheorie scheinbar bestätigte und auch Profiliga NFL und Kelce als Teil des Ganzen nannte.

„Mittlerweile weiß jeder, dass Taylor Swift [3][eine Geheimagentin der Regierung] ist. […] Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um das Ganze zusammenzufügen. Man muss nur aufmerksam sein“, schrieb er in einem Post am Montag.

Gewagte Theorie

Laut Johnson werden die Kansas City Chiefs den Super Bowl am 11. Februar gegen die San Francisco 49ers gewinnen. Die NFL würde schon dafür sorgen. Danach werde es zu einer Verlobung zwischen Kelce und Swift kommen, und wenn beide am Zenit der medialen Aufmerksamkeit sind, werden sie Joe Biden unterstützen, um dessen Wahlkampf zu retten.

Es ist eine gewagte Theorie, die nur am Rande etwas mit der Realität zu tun hat. Für Maga-Anhänger, also Trumps loyalste Unterstützer, ist es trotzdem ein Schreckensszenario. Sie fürchten sich vor Taylor Swift und ihrem großen Einfluss auf, vor allem, junge Wähler.

„Diejenigen, die diese Verschwörungstheorien verbreiten, haben eine sehr reale Angst, dass sie ihre Fans in Biden-Wähler verwandeln könnte. Dies jedoch mit einer an den Haaren herbeigezogenen Verschwörungstheorie zu verhindern lässt sie völlig lächerlich aussehen“, sagt der frühere republikanische Kommunikationsexperte Douglas Heye im Gespräch mit der taz.

Swifts Rückendeckung ist kein automatischer Siegbringer

Die Angst der Republikaner, dass Swift die Wahl beeinflussen könnte, ist dabei nicht komplett unbegründet. Bereits zu den Midterm-Wahlen 2018 und zur Präsidentschaftswahl 2020 hatte sich die Sängerin politisch engagiert und jeweils demokratische Kandidaten unterstützt. Biden besiegte Trump 2020. 2018 konnte einer von zwei Kongresskandidaten in Tennessee seine Wahl gewinnen. Swifts Rückendeckung ist also kein automatischer Siegbringer.

Laut einer Newsweek-Umfrage würden 18 Prozent der Befragten ihre Stimme eher einem Kandidaten geben, der die Unterstützung des Popstars genießt. Bei Menschen unter 35 Jahre steigt diese Zahl auf knapp 30 Prozent.

„Wenn wir auf 2016 zurückblicken, dann hat [4][Hillary Clintons Wahlkampfteam] überall Prominente eingesetzt. Vor allem an den letzten beiden Wochenenden im Wahlkampf war es fast unmöglich, in den so wichtigen Swing States eine Hillary-Kundgebung zu besuchen, bei der es nicht auch ein Promi-Konzert gab. Und was passierte am Ende? Sie hat verloren“, sagte Heye.

Biden hofft auf Swifts Unterstützung

Allerdings habe kein Prominenter, auch nicht Swift selbst, vor vier oder acht Jahren annähernd so viel Einfluss gehabt wie sie heute. „Taylor befindet sich gerade auf einem globalen Höhepunkt, den wir in diesem Land seit Elvis oder den Beatles nicht mehr gesehen haben“, so Heye weiter.

Das wissen natürlich auch die jeweiligen Wahlkampfteams der Kandidaten. Wie die New York Times in dieser Woche berichtete, hätte Präsident Biden gerne erneut die Unterstützung des Megastars. Bislang hat sich Swift nicht öffentlich zum Wahlkampf geäußert.

Auch Ex-Präsident Trump hat bisher zu den [5][Verschwörungstheorien seiner Unterstützer] keine Stellung bezogen. Und geht es nach Heye, dann sollte er dies beibehalten. „Es gibt einige vielversprechende Themen, mit denen Trump die Wähler von Bidens Schwächen als Präsident überzeugen könnte. Die Wirtschaft und die Migrationskrise sind zwei Dinge, die einem sofort einfallen. Swift ist es bestimmt nicht.“

1 Feb 2024

LINKS

[1] /Taylor-Swifts-Erfolgsgeheimnis/!5979210
[2] /Falschangaben-von-Trump-Anwalt/!5874285
[3] /Taylor-Swift-in-Argentinien/!5969351
[4] /Kinder-fragen-die-taz-antwortet/!5741512
[5] https://www.politico.com/newsletters/politico-nightly/2024/01/31/the-gops-taylor-swift-problem-00138932

AUTOREN

Hansjürgen Mai

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