taz.de -- Rente in der Zukunft: Beamte und Vermögende ins System – es ist möglich!
Der Konflikt um die Rentenreform verdeckt, dass Teile von CDU und CSU längst an ihre alten Tabus gehen. Ein kluger Kanzler würde die Chance nutzen.
Der Kollaps blieb aus. Das Rentenniveau ist stabil, die Beiträge sind nicht explodiert. Seit kurzem [1][zahlen auch Beamte in die Rentenkasse ein]. Dank langer Übergangsfristen haben die Beamtenverbände am Ende die Fahnen eingerollt. Hart war der Kampf mit den Besserverdienenden, weil man die Bemessungsgrenze langsam, aber entschlossen hochsetzte. Jetzt zahlen auch wirklich Reiche ein – und zwar auf Einkommen aus Aktien, Vermietungen und Zinsen.
Der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt ist so hoch wie früher – aber gut angelegt, wenn man damit Altersarmut verhindern kann. Aus China reisen Experten an, um zu prüfen, ob sie für ihre demografisch prekäre Heimat etwas von dem wundersam stabilen deutschen System lernen können. In Deutschland 2040 ist man fast dankbar, dass die schwarz-rote Koalition Ende der 20er Jahre diese Rentenreform hinbekommen hat.
Ein Traum? Ja, ein Traum.
Die Beharrungskräfte in der Union sind zu groß und ihr Wirtschaftsflügel ist sehr empfindlich, wenn es um Geld der Wohlhabenden geht. Für viele in der Union ist Reform auch bei der Rente ein Synonym für Abbau von sozialen Garantien.
Bislang hat Schwarz-Rot einfach ihre Lieblingsprojekte [2][Mütterrente], [3][Aktivrente] und [4][Haltelinie] durchgewunken. Eine Strategie, wie man einen neuen Rentenkonsens findet, gibt es nicht. Die mitunter bizarr überhöhten Erwartungen [5][an die Rentenkommission], die in ein paar Monaten mit Zauberhand alle Widersprüche wegpusten soll, ist die andere Seite dieser Planlosigkeit.
Dass SPD-Finanzminister Lars Klingbeil, unbeeindruckt von der Rentenkommission, jetzt schon mal die Riester-Rente reformieren will, ist auch kein gutes Zeichen. Es passt ins schwarz-rote Bild: Einfach mal machen. Aber: Vielleicht gibt ja eine Art dialektischer Wendung. Die junge Gruppe der CDU hat immerhin das Thema ins Zentrum gerückt.
Dass sich [6][Johannes Winkel] die Einbeziehung von Beamten vorstellen kann, zeigt, dass die Jung-Unionisten vielleicht doch mehr als das faltenfreie Gesicht des BDI sein wollen. In den vagen schwarz-roten Plänen ist das oben Skizzierte – Beamte und Vermögende ins System – immerhin im Topf. Es gibt also Möglichkeiten.
Wenn die SPD geschickt verhandelt, sind vielleicht neue Bündnisse möglich. [7][Dass Akademiker etwas länger arbeiten, kann ein Weg sein.] Sie leben ja auch länger als der Rest. Ein gestaffelt leicht erhöhtes Renteneintrittsalter plus mehr Geld von Reichen – ist das undenkbar?
Nur: Hilfreich wäre dabei ein Kanzler, der weit blickt und klug im Hintergrund moderiert.
9 Dec 2025
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