taz.de -- Polizeigewalt in Rio: Ziellose Härte

Die Unruhen in Brasilien sind mit auf soziale Klüfte und fatale Städteplanung zurückzuführen. Mit Gewalt wird den Problemen kaum beizukommen sein.
Bild: Gewalt durch Polizei und Staat gegen die Bewohner*innen von Rios Favela

Polizeieinsätze lösen in Rio de Janeiro normalerweise kaum größere Debatten aus. Man hat sich an die tiroteios, die Schießereien, gewöhnt. Es gibt Apps, die zeigen, wo gerade geschossen wird. Am Dienstag rückte die Polizei in die Favelas Complexo do Alemão und Penha vor. 132 Menschen starben, darunter vier Polizisten. Was dieses Mal anders ist: d[1][ie hohe Zahl der Opfer]. Was so ist wie immer: Wieder trifft es einen Stadtteil, in dem überwiegend schwarze Menschen leben.

Ende des 19. Jahrhunderts siedelten sich arme Menschen in den Favelas an, die meisten davon waren ehemals versklavte, völlig mittellose Menschen. Der Mythos einer vermeintlichen „Rassendemokratie“ verdeckte lange die strukturellen Ungleichheiten, die die brasilianische Gesellschaft bis heute strukturieren. So gibt es einige Stadtteile, die regelmäßig die volle Härte des Staates erleben, während andere davon verschont bleiben.

Die Polizei hat noch nie Ipanema oder Copacabana mit Panzern besetzt. Dort leben allerdings viele, die von den [2][Geschäften mit Drogen] und Waffen profitieren. Und ihre Kinder kaufen sich ihr Gras in der Favela um die Ecke. „Rio ist nicht für Amateure“ ist ein gängiger Ausspruch, um die komplexe Situation der Stadt zu beschreiben. Die Stadt ist besonders, was an der [3][chronisch korrupten Politik] liegt und an ihrer geografischen Besonderheit.

Zahlreiche Favelas liegen auf Hügeln, direkt neben den Reichenvierteln. Komplex ist auch die Rolle der Polizei. Sie ist hier historisch ein Repressionsorgan, seit Langem verknüpft mit den paramilitärischen Banden, die viele Stadtteile mit Waffengewalt terrorisieren. Und klar, auch die Drogengangs sind alles andere als zimperlich. Sie foltern, sie töten, am Dienstag setzten sie sogar Kampfdrohnen ein. In den Favelas sitzen an fast jeder Straßenecke junge Männer mit schweren Waffen, einige davon aus Deutschland importiert.

Schon viel ist probiert worden, um die chaotische Situation in den Griff zu bekommen. Nach dem jüngsten Fall rufen nun viele nach Aufrüstung und harter Hand, was sich in der Vergangenheit allerdings nicht bewährt hat. Warum sollte es dieses Mal anders sein?

31 Oct 2025

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AUTOREN

Niklas Franzen

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