taz.de -- Erster Haushalt der neuen Regierung: Militärausgaben bald 30 Prozent des Etats

Die schwarz-rote Bundesregierung präsentiert ihre ersten beiden Haushalte. Die Investitionen steigen kräftig – auch ins Militär. Bei den Ärmsten wird gespart.
Bild: Für Verteidigung und Sicherheit sind 2025 etwa 100 Milliarden Euro eingeplant, ungefähr 20 Prozent des Haushaltes

Berlin taz | Die öffentlichen Investitionen werden in den kommenden Jahren deutlich ansteigen. Das geht aus den ersten offiziellen Regierungszahlen für die Bundeshaushalte 2025 und 2026 hervor, die das Bundeskabinett an diesem Dienstag beschließen soll. Allerdings bleibt unklar, ob die Ausgaben für Klimapolitik tatsächlich so zunehmen, wie vereinbart.

Die ersten beiden Etats der schwarz-roten Koalition stehen unter dem Motto „Investieren, reformieren, sparen“. Mit der Zeit des „Kaputtsparens“ solle jetzt Schluss sein, heißt es. Unter „reformieren“ versteht das Kabinett von Kanzler Friedrich Merz (CDU) etwa, dass die Stromkosten durch staatliche Förderung sinken. Sparen will die Regierung unter anderem bei [1][Entwicklungshilfe] und Bürgergeld.

Nach 474 Milliarden Euro 2024 werden die Ausgaben des Bundes dem Regierungsentwurf zufolge in diesem Jahr gut 500 Milliarden Euro betragen, 2026 dann 520 Milliarden Euro. Aus neuen Schulden stammen davon 82 Milliarden Euro im Jahr 2025. Darin sind bereits die deutlich höheren, kreditfinanzierten Militärausgaben enthalten. Hinzu kommen [2][das neue Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität] sowie das bereits laufende Sondervermögen für die Bundeswehr. Die komplette Neuverschuldung 2025 beträgt damit rund 143 Milliarden Euro – rund 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Mehr private Investitionen gewollt

Die Investitionen für öffentliche Infrastruktur wie die Bahn, Brückenrenovierungen, Schulen, Kitas und Krankenhäuser sollen nach zuletzt 75 Milliarden Euro (2024) in diesem Jahr auf gut 115 Milliarden Euro wachsen. 2026 kommt noch etwas obendrauf. Sebastian Dullien vom gewerkschaftliche orientierten Institut für Makroökonomie findet das im Prinzip richtig. Die Regierung will damit auch erreichen, dass private Investitionen zunehmen und die Unternehmen mehr Mittel in technischen Fortschritt stecken.

[3][Im Klima- und Transformationsfonds (KTF)], einem Spezialetat des Bundeshaushaltes, ist bislang nicht ersichtlich, ob wirklich alle Mittel diesen Zwecken untergeordnet werden. Beispielsweise will die Regierung 3,4 Milliarden Euro für die Gasspeicherumlage aus dem KTF bezahlen. Das würde die Gaspreise für Privatkunden und Firmen senken. Die Aufwendungen für den fossilen Energieträger Gas aus dem Klimafonds werden damit gerechtfertigt, dass günstiges Erdgas eine „Brücke“ in die klimaneutrale Zukunft darstelle.

Andererseits wird betont, dass die Förderprogramme für energetische Gebäude sowie den Austausch von Öl- und Gasheizungen komplett weiterliefen. Trotzdem bemängelt die Organisation [4][Agora Energiewende], dass in den Haushalten bei Weitem nicht die Mittel bereitstünden, die nötig seien, um die deutschen Klimaziele einzuhalten.

Für Verteidigung und Sicherheit sind dieses Jahr etwa 100 Milliarden Euro eingeplant, ungefähr 20 Prozent des Haushaltes. Bis 2029 soll der jährliche Betrag auf 168 Milliarden Euro wachsen. Das wären dann etwa 30 Prozent. Um Militärausgaben in dieser Höhe zu finanzieren, kann die Regierung nach der Änderung der Schuldenbremse zu neuen Krediten greifen, will aber auch Ausgaben kürzen.

Ein Posten ist dabei ausdrücklich die Entwicklungshilfe, wobei konkrete Zahlen dazu erst am Dienstag veröffentlicht werden. Die Entwicklungsorganisation Venro erklärte: „Es brauche eine Orientierung an den Zahlen im Haushalt 2024, also mindestens 2,2 Milliarden Euro für die humanitäre Hilfe beim Auswärtigen Amt und 11,2 Milliarden für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit.“

23 Jun 2025

LINKS

[1] /Zukunft-der-Entwicklungszusammenarbeit/!6081231
[2] /Sondervermoegen-fuer-Infrastruktur/!6072671
[3] /Geld-gegen-Erderwaermung/!6071739
[4] /Studie-der-Agora-Thinktanks/!6039897

AUTOREN

Hannes Koch

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