taz.de -- Wirtschaftsaussichten in Deutschland: Kaum Wachstum trotz Boostern
Nicht viel Gutes prognostiziert die OECD Deutschlands Wirtschaft. Der Rat aus Paris: weniger Steuern auf Arbeit – mehr auf Kapitaleinkommen.
Superabschreibungen“ von je 30 Prozent für drei Jahre auf Investitionen, „Investitionsbooster“ für teure Elektroautos mit 75 Prozent Abschreibemöglichkeit im ersten Jahr des Kaufs = spürbar anziehende Konjunktur. Mit diesen Hoffnungen verabschiedet das Kabinett an diesem Mittwoch das erste [1][Steuerpaket der neuen Koalition]. Im Herbst sollen noch die Mehrwertsteuer für die Gastronomie gesenkt und die [2][Pendlerpauschale] erhöht werden.
Klar ist: „Vermögensbooster für die Oberschicht“ (Linkspartei), Kleinklein und Klientelismus werden dem Wachstum nicht spürbar helfen. Ob man die Konjunkturaussichten für Deutschland wie EU-Kommission, [3][Wirtschaftsweise] oder die gewerkschaftsnahen Ökonom*innen vom IMK etwas düsterer oder vergleichsweise rosig wie nun die aktuelle Prognose der Industrieländervereinigung OECD sieht: Deutschland steht ziemlich still oder am Rande der Rezession – und das wird 2025 auch so bleiben.
Die [4][OECD sieht weiter ein Kleckerwachstum] von 0,4 Prozent. Unter 54 untersuchten Wirtschaftsräumen schneiden lediglich Österreich und Norwegen schlechter ab als die ökonomisch viertstärkste Nation der Welt. Kriege, Konflikte und vor allem [5][der wahnwitzige Handelsstreit] von US-Präsident Donald Trump bremsen nicht nur die hiesige, viel zu exportabhängige Konjunktur ab – für die USA selbst prognostiziert die OECD wegen des Zollkonflikts sogar einen regelrechten Absturz.
Bemerkenswert die Empfehlungen der OECD-Ökonom*innen: Eine Verlagerung der Steuerlast weg von der Arbeit hin zu Kapitaleinkommen und Vermögen und weniger steuerliche Anreize für den Vorruhestand, damit Ältere die Renten stabilisieren. Immerhin: Im kommenden Jahr soll die Wirtschaftskraft um 1,2 Prozent wachsen. Und zwar, wenn die Konsumlaune der Verbraucher*innen wieder anzieht.
Und die ersten Auswirkungen der abgemilderten Schuldenregeln des Bundes und das Milliardeninvestitionspaket spürbar werden. Und wenn – aber das ist eine kaum durch die Empirie belegte Hoffnung – Trumps irrer Zollkonflikt Geschichte ist.
3 Jun 2025
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