taz.de -- Weniger Wolfsschutz in Europa: Dollys Rache
Die EU rückt dem Wolf auf den Pelz. Der Schutzstatus für die Tierart soll gesenkt werden. Das erleichtert den Abschuss – und ist hochumstritten.
BERLIN taz | Böse Zungen behaupten, das sei Dollys Rache: So hieß das Lieblingspony der EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. 2022 wurde es nahe Hannover [1][von einem Wolf getötet]. Und im März 2025 legte die EU-Kommission einen Entwurf vor, um den Schutzstatus der Raubtierart zu senken.
Rufe nach einem schärferen Vorgehen gegen Wölfe wurden schon seit Jahren immer lauter. Es gibt immer mehr Wölfe, in Deutschland schätzungsweise 2.000. Auch die Zahl der Nutztiere, die von Wölfen getötet oder verletzt wurden, steigt. 2023 erreichte die Opferzahl mit 5.727 einen neuen Rekord.
Auch deshalb änderten die Vertragsstaaten der Berner Konvention zum Schutz europäischer Wildpflanzen und -tiere den Status des Wolfs von „streng geschützt“ in „geschützt“. Nun hat die Kommission vorgeschlagen, diese Änderung auch in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) vorzunehmen.
Bisher verbietet die Richtlinie grundsätzlich, Wölfe zu töten. Ausnahmen sind zwar theoretisch möglich, zum Beispiel dürfen bestimmte Wölfe geschossen werden, wenn sie ernste Schäden verursachen. Praktisch werden solche „Entnahmen“ von Tieren oft von Gerichten gestoppt.
Wölfe dürfen getötet werden, solange die Art erhalten bleibt
Künftig sollen Tötungen erlaubt sein, sofern sie „mit der Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustands vereinbar sind“, wie es in der [2][Vorlage der Kommission] heißt. „Günstiger Erhaltungszustand“ bedeutet zum Beispiel, dass das Verbreitungsgebiet des Wolfs nicht abnimmt und sein Lebensraum groß genug ist, damit die Art langfristig überleben kann. Wölfe müssten demnach also weiter in Deutschland präsent sein. Aber ihre Population ließe sich anders als jetzt begrenzen.
Diese Änderungen könnten schon bald kommen, weil sich das EU-Parlament auf ein beschleunigtes Verfahren geeinigt hat. Diesen Expressweg finden auch manche Naturschutzfreunde gut, weil sie befürchten, dass ihre Gegner eine längere Beratungszeit nutzen könnten, um weitere Arten herabzustufen.
Umweltverbände argumentieren aber, dass Abschüsse etwa Schafsherden nicht wirksam schützen würden. „Auch wenige Wölfe können großen Schaden anrichten, wenn sie auf ungeschützte Herden treffen“, heißt es beim Naturschutzbund. Wichtig sei deshalb, Nutztiere etwa durch Zäune zu schützen.
Den Herdenschutz haben die Bundesländer 2023 laut der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf zufolge mit [3][21 Millionen Euro] bezuschusst. Manche Bauern sagen aber, sie hätten keine Zeit oder Personal, die unteren Elektrodrähte der Zäune freizuhalten von Grashalmen, damit der Strom fließt und die Raubtiere tatsächlich abgeschreckt werden. Weniger Wölfe bedeuteten weniger Raubtiere, die Vieh fressen können.
4 Apr 2025
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Mitgliedstaaten haben dafür gestimmt, den Status des Wolfs auf „geschützt“ zu senken. Das könnte den Abschuss von sogenannten Problemwölfen erleichtern.
Milchbauer Steffen Hinrichs schützt seine Kälber mit speziellen Zäunen. Aber er findet auch gut, dass die EU den Abschuss von Wölfen erleichtern will.
Das EU-Parlament beschließt, dass Wölfe in der Europäischen Union leichter abgeschossen werden können. Dabei leisten die einen Beitrag zur Natur.
Die Gen-Manufaktur Colossal Biosciences will den Schattenwolf wieder zum Leben erweckt haben. Zum vor Jahrtausenden ausgestorbenen Urtier fehlt allerdings noch so einiges.
In Teilen von Spanien darf wieder geschossen werden – nachdem rechte Parteien einen Trick im Parlament angewandt haben. Dagegen soll geklagt werden.
Brandenburg hat eine Abschussquote für Wölfe angekündigt. Mit Falschmeldungen werde hier eine Agenda durchgedrückt, sagt Thomas Volpers vom BUND Brandenburg.
Die Bürgerinitiative Spreewald statt Wildnis gibt dem Obmann eines Vereins namens Wolfstop-Europe ein Forum. Die Begeisterung über den dubiosen Vortrag hält sich in Grenzen.