taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Amalgam mit Geige
Mit nachdenklicher Violine und feiner Intuition für die Gemengelage Psych-Rock, Free Jazz, Krautrock präsentiert TT Geigenschrey sein neues Album „Pi“.
Wird Rockmusik nachdenklich, bietet sich die Geige an. Prominentes Beispiel dafür ist der Song „Am Fenster“ der Ostberliner Band City. Auf 17 Minuten bringt er es und ist dabei ein so eigenwilliges wie erfolgreiches Amalgam aus Folkrock, Soundcollage und der Geige Georgi Gogows. Der Bulgare herzt die Melancholie und ringt mit ihr. TT Geigenschrey aus dem alten Westberlin, Fan von Popmusik wie von Krautrock und Free Jazz, spielt eine ähnliche Violine. Und auch er mag es episch: 80 Minuten umfasst Geigenschreys Werkschau „Pi“, ihre 11 größtenteils instrumentalen Titel pegeln sich zumeist um die fünf Minuten ein.
[1][Geigenschrey] und Band lassen die „Sea of Total Darkness“ als verlockenden Ort aufleuchten, dessen Hymne schwerer, hypnotischer Psych-Rock ist. Friedfertig hingegen „Main Man“: Es singt Norbert Schwefel, Geigenschrey nennt ihn den „Marc Bolan Mannheims“.
Tatsächlich erinnern Atmosphäre und Arrangement an die frühen 70er. Schwefel interpretiert auch einen weiteren Klassiker aus der Zeit: „Sister Morphine“, von [2][Marianne Faithfull], Mick Jagger und Keith Richards. Aus den fünf Minuten von Faithfulls Original werden 25.
Eine Vignette wie „Irrlichterloh“ unterstreicht die Leinwandqualitäten von Geigenschreys Musik. Aktuell vertont er live Paul Lenis Stummfilm „Der Mann, der lacht“ und hat dafür das Quintett Sonic Inkraut initiiert. Mit Geigenschrey begleiten das schmerzhafte Drama: Theo Jörgensmann (Klarinette), Kurt „Pyrolator“ Dahlke (Synthesizer), Chris Hughes (Drums) und Mark Beumer (Bass).
20 Mar 2025
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