taz.de -- Nach dem Umsturz in Syrien: Bewaffnete Gruppen in Syrien sollen aufgelöst werden

Die neue Führung in Damaskus verspricht ein Syrien für alle. Die angekündigte Auflösung aller bewaffneten Gruppen ist ein erster großer Test.
Bild: De-facto-Machthaber Ahmed al-Scharaa, hier bei einem Treffen mit einem Sondergesandten der UN

Damaskus/Kamischli dpa/ap | In Syrien sollen alle bewaffneten Rebellenfraktionen aufgelöst und unter dem Dach des Verteidigungsministeriums zusammengeführt werden. Darauf hätten sich die Anführer der einzelnen Gruppen nach einem Treffen mit Syriens De-facto-Machthaber Ahmed al-Scharaa geeignet, teilte die neue Übergangsregierung in Syrien mit. Al-Scharaa hatte zuvor angekündigt, er werde nicht zulassen, dass es im Land Waffen gebe, die sich der staatlichen Kontrolle entzögen.

Syriens langjähriger Machthaber Baschar al-Assad wurde am 8. Dezember von einer Rebellenallianz unter der Führung der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) gestürzt. Die im Jahr 2011 ausgebrochenen Proteste, die schließlich in einen Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung mündeten, haben das Land tief gespalten.

Nach dem Sturz Assads kommt es vor allem im Norden Syriens noch zu teils heftigen Gefechten zwischen kurdischen Milizen, die gemeinsam mit den USA gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) kämpfen, und von der Türkei unterstützten Kräften. [1][Dabei kam es zur Tötung von zwei kurdischen Journalist:innen].

Kurdisches Militärbündnis startet Gegenoffensive

Der Nachrichtenagentur AP zufolge hat das von Kurden angeführte Militärbündnis SDF im Norden Syriens eine Gegenoffensive gegen von der Türkei unterstützte Kämpfer gestartet. Ziel sei es, die von Ankara unterstützte Syrische Nationale Armee (SNA) zurückzudrängen, um Gebiete nahe der syrischen Grenze mit der Türkei zurückzuerobern, erklärten die SDF am Dienstag. Die Kurdenallianz ist ein wichtiger Verbündeter der USA in Syrien beim Kampf gegen die im Osten des Landes verteilten Schläferzellen der Terrormiliz Islamischer Staat.

Ruken Dschamal, Sprecherin der Frauenschutzeinheit YPJ unter den SDF, sagte der Nachrichtenagentur AP, ihre Kämpferinnen seien bei ihrer Gegenoffensive nur noch wenige Kilometer vom Zentrum von Manbidsch entfernt. Sie warf Ankara vor, zu versuchen, den Einfluss der Gruppe bei Verhandlungen über die politische Zukunft Syriens mithilfe der SNA zu mindern.

„Syrien ist jetzt in einer neuen Phase und es laufen Diskussionen über die Zukunft des Landes“, sagte Dschamal. „Die Türkei versucht mit ihren Attacken, uns mit Kämpfen abzulenken und uns von den Verhandlungen in Damaskus auszuschließen.“

Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, seit dem Beginn der SNA-Offensive gegen die Kurden im Norden Syriens in diesem Monat seien Dutzende Kämpfer beider Seiten getötet worden. Ankara betrachtet die SDF als Ableger ihres Erzfeindes, der kurdischen Arbeiterpartei PKK, die als Terrororganisation eingestuft ist. Von der Türkei unterstützte Gruppen bekämpfen die SDF bereits seit Jahren.

24 Dec 2024

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