taz.de -- Rassistische Polizeigewalt: Land Berlin wegen Kniefixierung vor Gericht
Vor dem Landgericht wird ein Fall von Polizeigewalt verhandelt. Der Fall Zefanias M. erinnert an den Mord an George Floyd im Mai 2020.
Berlin taz | Es ist eine Stunde vor über fünf Jahren, die Zefanias M. noch heute beschäftigt. M. war im November 2019 eingeschritten, als ein Obdachloser von BVG-Securitys beleidigt wurde. Als die Polizei anrückte, hielten sie ihn fast eine Stunde lang fest.
„Ein Beamter kniete mit seinem gesamten Körpergewicht auf meinen Nacken. Ein weiterer hielt meine Beine fest. Eine Beamtin stand mit einem bellenden Schäferhund vor meinem Gesicht“, berichtet M. Als er sagt, er habe Angst zu ersticken, erwidert ein Beamter: „Hoffentlich.“ Die Szene belaste ihn auf vielen Ebenen, sagt M.
M. schildert seine Erlebnisse auf einer Pressekonferenz von ReachOut, einer Initiative gegen rassistische Polizeigewalt. Der Anlass: Am kommenden Donnerstag wird sein Fall vor dem Landesgericht Moabit erneut verhandelt.
[1][Vor zwei Jahren fand bereits ein Prozess statt], bei dem allerdings das Opfer zum Täter gemacht wurde. Damals wurde M. Beleidigung und Widerstand gegen Polizeibeamt:innen vorgeworfen. Sogar eine Gefängnisstrafe stand im Raum. „Ich frage mich, wie viele Menschen unschuldig inhaftiert sind, weil sie ebenfalls rassistische Polizeigewalt erlebt haben“, sagt M.
„Eine unberechenbare Waffe“
Der Fall M. hat Ähnlichkeiten mit [2][dem Mord an George Floyd] in den USA im Mai 2020, bei dem ebenfalls eine Kniefixierung angewendet wurde. Der Vorfall um M. ereignete sich einige Monate vorher. Damals gab es jedoch keine mediale Debatte über rassistische Polizeigewalt. Nun findet wieder ein Prozess statt, dieses Mal ist allerdings M. der Ankläger. In einem Zivilprozess wirft er dem Land Berlin vor, dass sich die Polizeibeamt:innen gesetzwidrig verhalten haben.
Eine Vertreterin der Kampagne Polizei im Nacken sagte, die Kniefixierung, welche gegen M. zum Einsatz kam, werde überdurchschnittlich oft [3][gegen Nicht-Weiße], obdachlose Personen, psychisch kranke und von Armut betroffenen Menschen angewendet. „Es trifft genau jene, die in der Gesellschaft wenig bis keine Entscheidungs- und Beschwerdemacht haben“, so die Vertreterin weiter.
Ziel der Kampagne sei es, den Kniegriff offiziell verbieten zu lassen. Für Betroffene sei diese Praxis oft traumatisierend, auch die Atemwege würden immens belastet. Zudem sei nicht ersichtlich, welche Vorerkrankungen eine Person hat. „Es ist eine lebensgefährliche Polizeipraxis.“ Auf Nachfrage, ob Kniefixierungen Teil der Polizeiausbildung sei, sagte sie: „Am Ende ist die Praxis, was zählt. Die Kniefixierung ist eine unberechenbare Waffe.“
2 Dec 2024
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