taz.de -- Koalitionssuche in Thüringen und Sachsen: Trotzphase überwunden

Erst gab es Ärger mit dem BSW in Sachsen und Thüringen. Nun reden CDU und SPD aber wieder mit dem Bündnis über mögliche „Brombeerkoalitionen“.
Bild: Aufbruchsstimmung sieht anders aus

Dresden taz | Auf einmal waren es nur noch „Missverständnisse“, die es bei den Koalitionsgesprächen zwischen CDU, SPD und BSW in Thüringen und Sachsen auszuräumen galt – seit Montag wird wieder verhandelt. Noch am Wochenende hatten diese Missverständnisse heftig gedröhnt. In Thüringen hatten die Durchgriffe der Vorsitzenden Sahra Wagenknecht auf ihr BSW in der Friedensfrage für eine Auszeit gesorgt. In Sachsen hatte das BSW gemeinsam mit der AfD für einen Untersuchungsausschuss zu Corona gestimmt.

In beiden Ländern reagierte die SPD am empfindlichsten. Anders als in Brandenburg gibt es hier bei den Sozialdemokraten fast noch größere Vorbehalte gegen eine Koalition mit den Wagenknecht-Anhängern als in der CDU. Der bisherige sächsische Wirtschaftsminister und ehemalige Parteichef Martin Dulig bezeichnet das BSW auf der Plattform „X“ als „verlogen“. In Thüringen stellt sich etwa der Kreisverband Gera offen gegen eine Koalition mit dem BSW.

Es bleibt Spekulation, ob der Thüringer SPD-Landeschef Georg Maier diese Kritiker bedienen wollte, als er am Wochenende einer Koalition kaum noch eine Chance gab. Nach der [1][Einigung am Montag auf Koalitionsverhandlungen] lobt er plötzlich wieder das „Aufbruchssignal“ der bisherigen Sondierungen einschließlich einer „Gerechtigkeitsoffensive“ der SPD.

Die neue Friedensformel

Entscheidend für die Aufnahme von Verhandlungen in sieben Arbeitsgruppen aber war die Verständigung auf eine veränderte Friedensformel in der Präambel des angestrebten Koalitionsvertrags. Sie betont allgemein den Willen zum Frieden in Europa. Die Passage „Wir nehmen die Sorgen und Ängste unserer Bürgerinnen und Bürger ernst, dass Krieg in Europa ist und Deutschland mit hineingezogen werden könnte“ klingt nach einer Konzession an das BSW.

Unterschiedliche Positionen werden erwähnt, bei CDU und SPD die „Tradition von Westbindung und Ostpolitik“, beim BSW der „kompromisslose Friedenskurs“.

In der Wendung „Im Rahmen der europäischen und bundesstaatlichen Ordnung unterstützen wir alle diplomatischen Initiativen, den von Russland gegen die Ukraine entfesselten Angriffskrieg zu beenden“ finden sich offenbar alle Seiten wieder. Diese Kompromisse blieben hinter dem Brandenburger Sondierungspapier zurück, kritisierte erneut Wagenknecht. Diesmal fiel sie ihren Thüringer Gefolgsleuten aber nicht mit einer Intervention in den Rücken.

Der Linken-Fraktionschef im Erfurter Landtag Christian Schaft sieht in diesem Spiel ein „Damoklesschwert“, das auch in den kommenden Jahren über einer „Brombeerkoalition“ schweben könnte. Obschon klar ist, dass diese Koalition nur über die Hälfte der 88 Landtagssitze verfügt, habe „weder offiziell noch inoffiziell“ jemand die Linke kontaktiert.

Vor einer Ministerpräsidentenwahl aber müssten solche Fragen der Mehrheitsbeschaffung jenseits der AfD geklärt werden. Der frühere CDU-Generalsekretär Mario Czaja hatte den [2][Unvereinbarkeitsbeschluss der Union] gegenüber der Linken infrage gestellt. Nach einem Spitzentreffen am Montag beginnen in Sachsen die Sondierungsgespräche.

29 Oct 2024

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[2] /Unvereinbarkeitsbeschluss-der-CDU/!6031425

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Michael Bartsch

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