taz.de -- Linkspartei im Bundestag: Linke wollen mehr Fragen stellen
Das Bündnis Sahra Wagenknecht und die Linkspartei bilden im Bundestag bald zwei Gruppen. Letztere fordert mehr parlamentarische Rechte für sich.
BERLIN taz | Die neue Sitzordnung im Bundestag steht fest: Die Abgeordneten vom neuen Bündnis Sahra Wagenknecht sitzen künftig ganz außen: am linken Rand des Plenums, rechts von ihnen die ehemaligen Genoss:innen von der Linkspartei, dann die SPD. Das entspricht zwar nicht dem Selbstbild der beiden Parteien, aber so werden die Sitze nun verschraubt.
Fest steht auch, dass beide Gruppierungen den Gruppenstatus erhalten sollen. Darüber entscheidet der Ältestenrat des Bundestags, in dem die Ampelparteien die Mehrheit haben. Mit dem Status als Gruppe sind einige Rechte und Privilegien verbunden, welche die Abgeordneten von Linkspartei und jene, die in das neue Bündnis Sahra Wagenknecht eingetreten sind, verloren haben, seitdem sich ihre gemeinsame Fraktion im Bundestag im Dezember 2023 aufgelöst hat. Seitdem gelten all diese Abgeordneten derzeit offiziell als „fraktionslos“.
Die Linke hatte ihren Fraktionsstatus verloren, nachdem zehn Abgeordnete um die frühere Fraktionschefin Wagenknecht aus der Partei ausgetreten waren. Sowohl die 28 verbliebenen Linke-Abgeordneten als auch die zehn Abgeordneten vom neuen Bündnis Sahra Wagenknecht machen getrennt weiter. Ihre Rechte und ihre finanzielle Ausstattung als Gruppen werden von der Mehrheit des Bundestags in einem Beschluss festgelegt. Dieser soll Ende dieser Woche fallen.
Ampel will „Kleine Anfragen“ deckeln
Ein Punkt sorgt bei der Linken für Unmut: Die Ampelfraktionen haben vor, die Zahl der Kleinen Anfragen zu deckeln, welche die beiden jeweiligen Gruppen stellen dürfen – und zwar auf „eine im Ältestenrat festzulegende Anzahl“ pro Monat, so steht es im Entwurf. Die Linke-Abgeordnete Clara Bünger ist empört: „Das parlamentarische Fragerecht ist das Herz unserer Arbeit als Opposition“, sagt sie der taz. „Damit können wir Informationen ans Licht bringen, die Regierung und Behörden oftmals lieber unter Verschluss halten würden.“ Mit ihren Anfragen habe die Linke in den letzten Jahren immer wieder Missstände öffentlich gemacht, etwa bei den Themen Rechtsextremismus, Waffenexporte oder Migration. „Eine Einschränkung unseres Fragerechts ist ein Angriff auf die Demokratie“, sagt sie.
Auch Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch nennt die Kleinen Anfragen „eines der wirksamsten Mittel der Oppositionsarbeit“. Die Linke hat in dieser Legislaturperiode – seit Ende 2021 bis Ende Dezember 2023 – nach seinen Angaben 966 Kleine Anfragen an die Bundesregierung gestellt, etwa zur Entwicklung der Renten und Löhne in Ost und West. In der vergangenen Legislatur waren es binnen vier Jahren mehr als 2.800. Viele Medien – auch die taz – berichten über die Antworten der Bundesregierung auf solche Anfragen, wenn sie exklusive Informationen enthalten.
Nur eine Aktuelle Stunde pro Jahr?
Auch das Recht, im Bundestag eine Aktuelle Stunde zu beantragen, will die Bundesregierung für jede Gruppe auf ein Mal pro Jahr beschränken. Die Linke ist damit ebenfalls nicht einverstanden. Bartsch, Bünger und andere Linke-Abgeordnete fordern die Bundesregierung in einem Änderungsantrag auf, die Zahl der Kleinen Anfragen nicht zu beschränken und seiner Gruppe auch mehr Anträge auf Aktuelle Stunden zuzugestehen. „Mindestens diese beiden Punkte sollten geändert werden“, sagte Bartsch. „Ich fordere die Regierungsfraktionen auf, das zu korrigieren.“ Die Linke-Innenpolitikerin Clara Bünger erwägt sogar rechtliche Schritte, sollte die Bundesregierung ihren Antrag nicht ändern. Ihre Parteikollegin Petra Sitte hatte auf X einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht ins Spiel gebracht. „Wenn notwendig, ziehen wir für unsere Rechte vors Bundesverfassungsgericht“, kündigt auch Bünger an.
Mit den anderen Regelungen im Entwurf der Ampelparteien ist die Linke dagegen einverstanden, etwa mit den ihr zugestandenen Redezeiten: Bei Debatten von 90 Minuten würde er pro Gruppe nur rund drei Minuten betragen. Die Vorsitzenden der neuen Gruppen sollen auch gleiche Rechte haben wie Fraktionsvorsitzende. In den Ältestenrat des Parlaments werden sowohl die Linke als auch Wagenknechts Mitstreiter*innen eine*n Vertreter*in entsenden dürfen. Im Parlamentarischen Kontrollgremium wird es für beide wohl keinen Platz geben.
29 Jan 2024
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