taz.de -- Steuerskandal um Lindners Spitzenbeamtin: Konsequenzen für Tipps für Reiche
Eine hohe Beamtin des Finanzministeriums gab Superreichen Steuerspartipps. Das Ministerium prüft nun, wie es damit umgehen will.
Berlin taz | Der Auftritt der Ministerialbeamtin Gerda Hofmann auf einem exklusiven Event für Superreiche und ihre Berater*innen könnte für die Spitzenbeamtin Folgen haben. „Derzeit werden mögliche dienstrechtliche Konsequenzen geprüft“, teilte das von [1][Christian Lindner (FDP)] geleitete Bundesfinanzministerium der taz mit.
Hofmann ist Referatsleiterin im Finanzministerium und in diesem Rahmen höchste Staatsbeamtin für die Bereiche Erbschaftsteuer, Grundsteuer und Vermögensteuer. [2][Laut Recherchen des ZDF] trat sie bei einer Veranstaltung der auf Steuerrecht spezialisierten Großkanzlei Flick Gocke Schaumburg auf. Die Staatsbedienstete gab den Anwesenden offenbar Tipps, wie Superreiche Steuern sparen können. Sie teilte dabei exklusives Wissen aus dem Ministerium. Anfang 2024 werde eine Steuervergünstigung bei der Grunderwerbssteuer wegfallen, diese Info sei ganz frisch, sie wisse das „seit Dienstag“, wird sie zitiert. Und: Das Problem lasse sich für die Anwesenden schon lösen.
„Wir haben ja Werkzeugkästen, jedenfalls habe ich eine ganze Menge. Da bin ich mir hundertprozentig sicher, dass Sie insofern ruhig schlafen können“, so Hofmann weiter. Es könne ja nicht sein, dass plötzlich am 1. Januar die Einnahmen sprudeln. „Ich sehe alle Finanzminister mit Talerchen in den Augen wie Dagobert Duck, das kann nicht sein.“
Zwar wurde auf der Veranstaltung mitgeteilt, dass Hofmann „nicht in dienstlicher Eigenschaft“ spreche. Doch ob das auch so war, ist unklar.
Zwar will das Bundesfinanzministerium keine Details zu dem Fall nennen. „Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir uns -wie üblich- zu Einzelpersonalien nicht äußern“, so das Ministerium. Doch gleichzeitig teilte es mit, dass es bei Vorträgen prüfe, ob die Beamt*innen diese als Nebentätigkeit oder in ihrer Funktion als Staatsbedienstete halten. „Hierbei kommt der Außenwirkung – auch mit Blick auf die Amtsstellung – eine entscheidende Bedeutung zu“, so das [3][Finanzministerium]. Ab der Ebene der Unterabteilungsleitungen würden Fachvorträge mit Bezug zum Ministerium regelmäßig „dem Hauptamt zugeordnet. In diesen Fällen darf keine Vergütung angenommen werden.“
Finanzwende fordert Konsequenzen
Unterdessen fordert die Organisation Finanzwende Konsequenzen aus dem Skandal. „Die Recherchen des ZDF bestätigen leider meine Befürchtungen, dass manche Beamt*innen in der Steuerabteilung auf der falschen Seite stehen. Offenbar vertritt die Ministerialrätin nicht die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, wie sie es als Beamtin tun sollte, sondern die Interessen der Steuertrickser und der Beratungsindustrie“, sagte [4][Finanzwende-Vorstand Gerhard Schick] der taz.
12 Dec 2023
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der Finanzriese soll Gewinne aus den EU-Ländern, in denen er vor allem tätig ist, in solche mit niedrigeren Steuern verlagern. Illegal ist das nicht.
Eine Arte-Doku erzählt vom weltweiten Kampf gegen Steuerflucht von Großkonzernen. Trotz der großen Ungerechtigkeit gibt es einige Hoffnungsschimmer.
Die Mittelschicht zahlt in Deutschland und Österreich mehr Steuern als Milliardäre und Multimillionäre. In der Schweiz müssen diese mehr abgeben.
Eine hohe Ministerialbeamtin gibt exklusive Steuerspartipps. Das passt zum Geist des Hauses: Reiche werden systematisch geschont.
In den vergangenen Jahren nahm der Abstand zwischen Arm und Reich in Deutschland zu, so die Böckler-Siftung. Das setze die Gesellschaft unter Druck.
Die Mittelschicht zahlt, Milliardäre zahlen nicht. Eine neue Studie des EU Tax Observatory zeigt, wie ungerecht Steuern weltweit erhoben werden.
Eine Übergewinnsteuer könnte der EU Geld einbringen, das in ihrem Budget fehlt, zeigt eine Studie. Deutschland hat das Instrument auslaufen lassen.