taz.de -- Sicherung der Lieferketten: EU-Lösung für Engpässe

Deutschlands Wirtschaft ist sehr anfällig für Probleme bei Lieferketten. Regierungsberater plädieren für europäische Antworten.
Bild: Forschung zu Halbleitern am Frauenhofer-Institut in Chemnitz

Berlin dpa | Für weniger Abhängigkeit bei kritischen Gütern plädieren Berater von Bundeswirtschaftsminister [1][Robert Habeck (Grüne)] für eine stärkere Abstimmung auf europäischer Ebene. Die Risiken seien insbesondere für Deutschland groß, schreibt der wissenschaftliche Beirat des Ministeriums in einem Gutachten mit dem Titel „Leitplanken zur Stärkung der Versorgungssicherheit“, das am Dienstag in Berlin veröffentlicht wurde.

Die Handelsstatistik weise zwar auf keine große Abhängigkeit von einzelnen Importländern hin, schreiben die Fachleute – bei [2][wichtigen Rohstoffen] könne das aber anders sein. 19 für die Pharmaindustrie wichtige Substanzen stammten aus höchstens drei Ländern, ebenso hoch spezialisierte Güter wie Telekommunikationssatelliten, Kühlschiffe und Schwimmbagger. China sei in dem Bemühen, seine Lieferantenbeziehungen auf eine breitere Basis zu stellen, deutlich weiter als die EU oder die USA.

„Besonders schmerzhaft wäre eine Entkoppelung Deutschlands im Bereich von Elektronikprodukten wie Chips aus den wichtigsten asiatischen Herstellerländern. Hier würde kurzfristig ein realer Wertschöpfungsverlust in der Höhe von circa 13 Milliarden Euro entstehen“, schreiben die Ökonomen.

Als wichtiges Instrument betrachten die Fachleute EU-Freihandelsabkommen. Dabei solle es künftig weniger um die Öffnung neuer Märkte für EU-Produkte gehen als um die Beschaffung wichtiger Güter, raten sie. Abkommen über kritische Mineralien, wie die EU sie mit den USA und Chile plane, begrüßen sie. Um die Versorgung mit wichtigen Gütern sicherzustellen, könnten unter anderem auch Abnahmeverpflichtungen der öffentlichen Hand unter bestimmten Bedingungen sinnvoll sein, so die Berater.

Berater fordern neue EU-Behörde

Da die deutsche Wirtschaft mit anderen EU-Staaten eng verflochten ist und die Handelspolitik stark durch Brüssel bestimmt ist, schlagen die Ökonomen die Einrichtung eines europäischen Büros für Versorgungssicherheit vor. Dies solle mögliche [3][Lieferschwierigkeiten] in den internationalen Handelsbeziehungen überwachen und der Politik Vorschläge zur Reaktion darauf machen. Auch die Koordination gemeinsamer strategischer Reserven wichtiger Rohstoffe könne zu seinen Aufgaben gehören.

21 Nov 2023

LINKS

[1] /Rede-zur-Staatsraeson/!5967949
[2] /Kritische-Rohstoffe/!5969701
[3] /Karl-Lauterbach-in-Indien/!5950666

TAGS

Lieferketten
EU
Rohstoffe
Robert Habeck
China
Welthandel
Lieferketten
Schwerpunkt Klimawandel
Karl Lauterbach
Außenhandel

ARTIKEL ZUM THEMA

Reederei-Investments in Hafenterminals: Afrikas Terminals sind beliebt

Häfen sind begehrte Übernahmeziele, wie eine Studie der Beratungsfirma PwC zeigt. Dabei geht es auch um die Kontrolle globaler Handelsrouten.

Einigung auf EU-Lieferkettengesetz: Menschenrechte weltweit stärken

Millionen Menschen leiden unter Ausbeutung durch Zwangsarbeit und andere Menschenrechtsverletzungen. Firmen in der EU müssen künftig darauf achten.

Sicherung von kritischen Rohstoffen: Metalle aus heimischem Abbau

Mehr Bergbau in Europa, weniger Abhängigkeit von rohstoffreichen Staaten, mehr Recycling: so antwortet die EU auf die neue geopolitische Lage.

Karl Lauterbach in Indien: Schutz vor Lieferengpässen

In Indien kündigte der Gesundheitsminister mehr Kooperation an: bei der Herstellung von Arzneimitteln, aber auch bei künstlicher Intelligenz.

Internationale Handelspolitik: Der Schrecken des Taiwanszenarios

Die Abhängigkeit von China steht in keinem Verhältnis zu der von Russland. Ohne die Großmacht müsste Deutschland Abschied von der Energiewende nehmen.