taz.de -- Film „Der Kaiser“: Irgendwie dahoam

Das Sky-Biopic über Franz Beckenbauer zeigt, wie das große Geld in den Fußball kam. Der Fußballspieler wird dabei nicht von der besten Seite gezeigt.
Bild: Hat etwa Ironisches: Klaus Steinbacher als „Kaiser“ Franz Beckenbauer

Die 1960er-Jahre in München, der junge [1][Franz Beckenbauer] muss sich entscheiden. Groß rauskommen als Versicherungskaufmann bei der Allianz – oder beim FC Bayern München? Franz entscheidet sich für den Fußball. Dann setzt Klaviermusik ein. In der Blumentapetenküche, unter gerührten Blicken der Mutter, erklärt er dem kritischen Vater, warum.

„Du weißt doch, wie wahnsinnig laut des im Stadion is. Dass du dein eigenes Wort nicht verstehst. Aber obwohl da tausende Zuschauer brüllen, ist es in mir drin ganz still. Ich hab diesen ganzen freien Raum da vor mir und ich weiß innerlich ganz genau, wo der Ball hinmuss. Und genau da spiel ich den dann auch hin und der kommt auch an und dann ist es einfach genau des, was ich am besten kann. Weil da fühl i mi irgendwie dahoam“.

Diese kitschige Fußballromantik, die man von vielen anderen Filmen über das Spiel kennt, zieht sich durch „Der Kaiser“. Beckenbauers Karriere, erzählt bis zum WM-Sieg als Trainer im Jahr 1990. Ein Imagefilm hätte es werden können, wie viele andere über sportliche Helden. Wurde es aber nicht. Denn der Film zeigt am Beispiel Beckenbauers, [2][wie das große Geld in den Fußball kam].

Bei der WM 1966 in England scheitert die deutsche Nationalmannschaft im Finale gegen den Gastgeber. Beckenbauer hat ein gutes Turnier gespielt und auf sich aufmerksam gemacht. Zu Hause erwarten ihn deshalb Werbeverträge. Bayern-Manager Robert Schwan übernimmt Beckenbauers Geschäfte. Der hat Kontakte zur Landespolitik und macht einen Plan, um möglichst wenig Steuern zu zahlen.

Auch wie die Beziehungen Beckenbauers erzählt werden, ist alles andere als schmeichelnd: Allen Partnerinnen gegenüber verhält sich ein nie erwachsen wirkender Beckenbauer unverbindlich, unreif, unentschieden.

Wie Klaus Steinbacher den „Kaiser“ spielt, macht Spaß, weil es etwas Ironisches hat. Auch Sepp Maier und Paul Breitner sind herrlich besetzt. Wer Retro mag, sollte den Film sowieso sehen. Man will sich gleich auf die Suche machen nach einem der schönen blauen Trainingsanzüge der deutschen Nationalmannschaft von 1974.

9 Jan 2023

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Volkan Ağar

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