taz.de -- Sanktionen gegen Iran: Die Propaganda behindern

Es braucht mehr Sanktionen gegen den iranischen Medienapparat. Auch, um den Menschen zu zeigen, dass die Lügen nicht ungefiltert Verbreitung finden.
Bild: Propaganda genießt keinen Presseschutz: Straßenszene in Teheran im Dezember

Es muss Ziel europäischer Politik sein, dem iranischen Regime [1][die Unterdrückung des eigenen Volkes] so weit wie möglich zu erschweren. Davon sind wir in der Sanktionspolitik, dem wirkmächtigsten Vehikel, leider noch weit entfernt. Gerade die Bundesregierung bremst in Brüssel gegen eine härtere Gangart.

Effektivere Sanktionen müssen weit über die jüngst gefassten Beschlüsse hinausgehen, denn auch die erneute Charmeoffensive des Hohen Vertreters Borrell brachte offensichtlich keine Resultate. Möglich wären etwa erweiterte Personensanktionen, eine Terrorlistung der Revolutionsgarden, ein restriktiverer Umgang mit Technologietransfer, die lange auf die Bank geschobene Option Handelssanktionen, aber auch Sanktionen gegen den Medienapparat. Das Beispiel Russland sollte uns gelehrt haben, dass ungefilterte Propaganda bei uns und in der iranischen Exilgemeinde [2][viel Schaden anrichten kann].

Die entsprechenden Sanktionen beschränken sich bislang auf den besonders verwerflichen Fall von Press TV, wo [3][erzwungene Foltergeständnisse] übertragen werden. Damit kratzen sie aber nur an der Oberfläche des Propagandaapparats. Dem Beispiel der USA folgend braucht es Sanktionen gegen die Redakteurs- und Moderatorenschicht von Islamic Republic of Iran Broadcasting (Irib) und die Nachrichtenagenturen Fars, Mehr und Tasnim sowie das Medienkonglomerat Seraj.

Sie alle sind direkt an Fehlinformationen, Verleumdungen und der Verschleierung der Brutalität des iranischen Regimes beteiligt. Für das Regime sind diese Medien staatliche Organe. So sollten sie auch in der Sanktionsumsetzung behandelt werden. Selbst wenn Pressesanktionen keine unmittelbaren Auswirkungen im Iran entfalten, so wären sie doch ein wichtiges Zeichen an die Menschen vor Ort, dass die Lügen ihres Regimes nicht ungefiltert Verbreitung finden, weil Propaganda keinen Presseschutz genießt. Das würde den ihr den Anschein der Normalität rauben und gäbe den Protestierenden die Gewissheit: [4][Wir lassen euch nicht allein] in eurem Kampf.

28 Dec 2022

LINKS

[1] /Proteste-im-Iran/!5892490
[2] /Propaganda-TV-Russia-Today-Deutsch/!5026022
[3] /Todesurteile-des-Mullah-Regimes/!5900498
[4] /Proteste-in-Iran/!5893454

AUTOREN

Hardt

TAGS

Proteste in Iran
Schwerpunkt Iran
Sanktionen
EU-Sanktionen
Medien
Protest
Proteste in Iran
Proteste in Iran

ARTIKEL ZUM THEMA

Flugzeug zu Zwischenstopp gezwungen: Gefangen in Iran

Der Iran lässt Angehörige des früheren Fußballnationalspielers Ali Daei nicht ausreisen. Sie hatten sich mit systemkritischen Protesten solidarisiert.

Proteste in Iran: Weitere Protestierende festgenommen

Im Zusammenhang mit den anhaltenden Protesten gegen das Regime sind weitere Personen festgenommen worden. Sie sollen versucht haben, das Land zu verlassen.

Frauen in Iran: Scheherazades 1001 Töchter

Weibliches Märtyrertum ist in der persischen Kultur fest verankert. Die alten Mythen sind eine Bastion gegen den aufgezwungenen islamischen Glauben.