taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Hundertmal geträumt
Die Pianistin Satoko Fujii bringt mit „Hyaku. One Hundred Dreams“ ihr 100. Album als Bandleader heraus. Mit dabei: ein Fagott und zwei Schlagzeuge.
Manche Musiker sind so umtriebig, dass sie sich schwer auf einen Ort begrenzen lassen. Die Pianistin [1][Satoko Fujii] etwa wechselt oft zwischen Japan und den USA hin und her, bis vor Kurzem wohnte sie zudem in Berlin. Rückwirkend kann sie daher als „Berliner“ Musikerin gelten. Damit sei auf ein besonderes Ereignis des Jahres hingewiesen, denn mit „Hyaku. One Hundred Dreams“ bringt Fujii ihr 100. Album als Bandleader heraus. Kein schlechter Schnitt für eine Künstlerin, deren erste eigene Platte 1996 erschien.
Die Konstellationen, deren sie sich bedient, sind vielfältig. Vom Soloalbum bis zur „Orchester“-Besetzung hat sie die Grenzen der Artikulationsmöglichkeiten weit ausgeschöpft, was auch für ihren Stil gilt. Man könnte sagen, sie hat gar keinen, was nicht respektlos gemeint ist, sondern als Hinweis, dass ihre Musik, die übergangslos Romantik, Free Jazz oder metallschweren Rock vereint, sich nicht auf einen Begriff bringen lässt. Und ein Wort wie „Polystilistik“ klingt mehr nach einem medizinischen Fachterminus, als dass es ihren Farbenreichtum träfe.
„Hyaku“ hat eine Besetzung mit vielen Vorzügen. Da sind die wendigen Trompeter Wadada Leo Smith und Natsuki Tamura, Letzterer zugleich Fujiis Ehemann, die souveräne Saxofonistin Ingrid Laubrock, die Elektronikerin Ikue Mori, und, im Jazz viel zu selten, mit Sara Schoenbeck eine Fagottistin.
Neun Leute insgesamt, davon gleich zwei Schlagzeuger. Stille Momente wechseln mit expressiven Ausbrüchen, in denen Fujii einiges von ihrem Spektrum entfaltet. Und das, was da ist, ist gut.
10 Dec 2022
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