taz.de -- Krise zwischen Kongo und Ruanda: Diplomatie gegen die Hitzköpfe

Die Regierungen der Demokratischen Republik Kongo und Ruandas führen Gespräche, um ihre politische Krise zu lösen. Derweil landen in Goma Kampfjets.
Bild: Montag in Goma, Kongo: Jugendliche Freiwillige für die Armee üben Gleichschritt

Berlin taz | Nach den jüngsten Erfolgen der mutmaßlich von Ruanda unterstützten kongolesischen Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) im Osten der Demokratischen Republik Kongo stehen die Zeichen jetzt wieder auf diplomatische Entspannung. Bei einem Außenministertreffen in Angolas Hauptstadt Luanda [1][vereinbarten die Regierungen Kongos und Ruandas] am Samstag „die Fortsetzung des politischen Dialogs“ zwischen beiden Ländern „als Mittel der Lösung der politischen Krise zwischen den beiden Bruderländern“ sowie „die Festlegung eines Zeitplans“ für die Umsetzung bestehender Beschlüsse.

Vor allem aber solle eine regionale Überprüfungsmission zur Klärung gegenseitiger Vorwürfe zwischen Kongo und Ruanda jetzt „unverzüglich“ in der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma stationiert werden.

Die Millionenstadt Goma ist Hauptstadt der an Ruanda und Uganda grenzenden kongolesischen Provinz Nord-Kivu, in der die [2][M23-Rebellenarmee], die 2012 von abtrünnigen kongolesischen Tutsi-Generälen gegründet worden war und sich Ende 2013 ins Exil zurückgezogen hatte, inzwischen wieder beträchtliche Gebiete kontrolliert. Ende Oktober waren die Rebellen über die von ihnen im Juni eingenommene Stadt Bunagana an der Grenze zu Uganda bis in die Distrikthauptstadt Rutshuru sowie noch weiter vorgestoßen.

Die M23 steht jetzt 35 Kilometer nördlich von Goma, das direkt an der Grenze zu Ruanda liegt. Die jüngsten Kämpfe haben nach UN-Angaben [3][rund 90.000 Menschen in die Flucht getrieben]; Nord-Kivu zählte zuvor bereits rund 1,8 Millionen Kriegsvertriebene.

Aufmärsche und Paraden in Goma

Kongo wirft Ruanda vor, die M23 militärisch zu unterstützen, und verweist auf entsprechende UN-Erkenntnisse. Viele Kongolesen halten die M23 insgesamt für eine verdeckte Operation der ruandischen Armee und bezeichnen das M23-Gebiet als von Ruanda besetztes Gebiet, das es zu befreien gelte.

Fast täglich blasen in Goma Jugendliche auf Demonstrationen zum Krieg gegen Ruanda oder präsentieren sich in rudimentären Paradeaufstellungen unter Aufsicht von Soldaten als frische Armeerekruten.

Kongos Präsident Felix Tshisekedi, der vergangene Woche [4][in einer Fernsehansprache] die Bevölkerung zur Mobilisierung zum Schutz des kongolesischen Staatsgebietes aufgerufen hatte, sucht den Weg der diplomatischen Entspannung mit den Nachbarn, um eine militärische Eskalation zu vermeiden, die er nicht gewinnen kann.

Erst jüngst hat er die wichtigsten Generäle seiner Armee zum wiederholten Male ausgetauscht. Die Kommandostrukturen seiner Streitkräfte erscheinen momentan gestört, was auch die jüngsten Erfolge der M23 erklären könnte.

Internationale Truppen sollen nun die Lage deeskalieren helfen. Die laut dem Beschluss von Luanda „unverzüglich“ zu stationierende Überprüfungsmission in Goma soll von Angola geführt werden. Am Sonntag landeten dort außerdem erste Soldaten aus Kenia: Vorhut einer ostafrikanischen Eingreiftruppe, die zwar nicht gegen die M23 kämpfen, aber die Fronten beruhigen soll.

Zusammen mit ihnen landeten auf dem abgesperrten Flughafen von Goma Kampfjets, über deren Herkunft in der Stadt sogleich wild spekuliert wurde: Hat Kongo sie von Angola gemietet oder sogar von Russland gekauft? Oder sind sie einfach aus Kenia?

Ihre Piloten sind jedenfalls anscheinend nicht ortskundig. Ein Jet landete am Montag kurz auf dem Flughafen der direkt an Goma angrenzenden ruandischen Stadt Gisenyi – vermutlich aus Versehen, aber [5][Ruanda protestierte] gegen die „Provokation“.

7 Nov 2022

LINKS

[1] https://twitter.com/JpMputu/status/1589282672526098437
[2] /Konflikt-im-Ostkongo/!5086945
[3] https://reliefweb.int/report/democratic-republic-congo/republique-democratique-du-congo-evaluation-rapide-suivi-des-urgences-dashboard-101-20-31-octobre-2022
[4] https://actualite.cd/2022/11/04/avancee-du-m23-discours-de-felix-tshisekedi-integralite
[5] https://www.newtimes.co.rw/article/2392/news/rwanda/dr-congo-fighter-jet-violates-rwandan-airspace---govt

AUTOREN

Dominic Johnson

TAGS

Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Ostkongo
Ruanda
Goma
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo

ARTIKEL ZUM THEMA

M23-Rebellenchef über Kongo: „Aufgezwungener Krieg“

Im Osten des Kongo hat die Rebellenbewegung M23 wieder zu den Waffen gegriffen. Ihr Präsident Bertrand Bisimwa erklärt, wovon Frieden abhängt.

Krieg mit M23-Rebellen in Kongo: Rebellen zielen auf Goma

Die Rebellenbewegung M23 rückt im Osten Kongos auf die Millionenstadt Goma vor. Panik bricht unter Kriegsvertriebenen aus.

Schwere Kämpfe im Ostkongo: Kongos Armee sucht die Entscheidung

Kongo will die M23-Rebellen zerschlagen und Verhandlungen mit ihnen überflüssig machen. Doch die Rebellen schlagen zurück.

Nach M23-Eroberungen im Osten Kongos: Kongo macht gegen Ruanda mobil

Nach den Erfolgen der M23-Rebellen weist Kongo den Botschafter Ruandas aus. In Goma fordern Tausende bei Protesten Krieg gegen das Nachbarland.

Bewegung des 23. März in der DR Kongo: Rebellen auf dem Vormarsch

Die Rebellen der Bewegung des 23. März machen in der DR Kongo weiter Boden gut. Sie besetzen nun auch Rutshuru und Rumangabo.

Im Osten der DR Kongo: Auf der Flucht vor neuen Kämpfen

Im Ostkongo sind erneut heftige Kämpfe ausgebrochen. Kongos Regierung will so eine bessere Verhandlungsposition erreichen.