taz.de -- Umgang mit der Flutkatastrophe: Anne Spiegel erklärt Rücktritt
Weil sie kurz nach der Flutkatastrophe an der Ahr in den Urlaub fuhr, war Anne Spiegel stark kritisiert worden. Jetzt ist die Familienministerin zurückgetreten.
Berlin taz/epd | Jetzt also doch der Rücktritt. Noch am Abend zuvor hatte die Bundesfamilienministerin und frühere Umweltministerin von Rheinland-Pfalz, Anne Spiegel (Grüne) i[1][hre lange Urlaubsreise kurz nach der Flutkatastrophe an der Ahr als „Fehler“ bezeichnet] und die Hintergründe erläutert. Jetzt erklärte Spiegel ihren Rücktritt als Bundesfamilienministerin. Das hatten zuvor mehrere Politiker, besonders aus der Union, gefordert.
Am Montag erklärte sie in einer Presseerklärung: „Ich habe mich heute aufgrund des politischen Drucks entschieden, das Amt der Bundesfamilienministerin zur Verfügung zu stellen. Ich tue dies, um Schaden vom Amt abzuwenden, das vor großen politischen Herausforderungen steht. Mein großer Dank gilt allen, die mich solidarisch unterstützt haben und besonders meinem Team in der Hausspitze. Den Mitarbeitenden des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wünsche ich von Herzen alles Gute und vor allem viel Erfolg für die Umsetzung der so wichtigen Themen. Die 41-Jährige [2][scheidet damit rund vier Monate] nach der Vereidigung der Bundesregierung aus dem Amt.
Am Sonntagabend hatte sie erklärt, dass ihr Mann 2019 einen Schlaganfall erlitten habe und seitdem Stress vermeiden müsse. Außerdem habe die Coronapandemie bei ihren vier Kindern Spuren hinterlassen. Gleichzeitig wurde Spiegel Spitzenkandidatin der Grünen im dortigen Landtagswahlkampf 2021. Im Januar 2021 übernahm sie zusätzlich zum Amt der Landesfamilienministerin das der Umweltministerin von Rheinland-Pfalz.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte der Ministerin zuvor den Rücken gestärkt und eine „vertrauensvolle“ Zusammenarbeit beschrieben. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann erklärte, dass der Kanzler die Entscheidung Spiegels mit großem Respekt zur Kenntnis genommen habe und ihr für die Zukunft alles Gute wünsche.
Die Grünen-Spitze kündigte an, dass sie zeitnah einen Vorschlag zur Nachfolge von Anne Spiegel machen wolle. Der Co-Parteichef Omid Nouripour sagte am Montag in Husum, dass der Schritt, nun zurückzutreten, richtig sei. Die Co-Parteichefin Ricarda Lang sprach der zurückgetretenen Spiegel „größten Respekt“ aus.
11 Apr 2022
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ursula Heinen-Esser sagt nach ihrem Rücktritt vor dem Untersuchungsausschuss aus. Das belastet NRW-Ministerpräsident Wüst – und die SPD.
Die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus folgt auf Anne Spiegel als Familienministerin. Das bestätigte die Grünen-Spitze.
Nach dem Rücktritt von Anne Spiegel stellt sich die Frage nach ihrer Nachfolge. Dass es ein Mann wird, ist unrealistisch. Das müsste es nicht.
Die zurückgetretene Familienministerin Spiegel erklärte ihren Urlaub mit persönlichen Gründen. Muss während privater Krisen eine Auszeit möglich sein?
Ihren vierwöchigen Urlaub zehn Tage nach der Flutkatastrophe bezeichnet die Bundesfamilienministerin als „Fehler“. Kanzler Scholz spricht ihr sein Vertrauen aus.
Die damalige rheinland-pfälzische Umweltministerin ist zehn Tage nach der Flutkatastrophe in den Urlaub gefahren. Kritik daran weist ein Sprecher zurück.
Nach dem Rücktritt von Landesumweltministerin Ursula Heinen-Esser ist Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst stark angeschlagen.