taz.de -- Landtagswahl im Saarland: Die SPD siegt an der Saar

Die SPD erzielt ein traumhaftes Ergebnis. Anke Rehlinger wird Ministerpräsidentin. Und SPD-Mann Ralf Stegner sieht Gründe, sich bei Lafontaine zu bedanken.
Bild: Anke Rehlinger in Saarlouis im Wahlkampf unterstützt von Malu Dreyer und Saskia Esken

Saarbrücken/berlin taz | „Willkommen zurück!“ steht auf dem Schild an der Garderobe, von den Plakaten gegenüber lacht Anke Rehlinger, „unsere Ministerpräsidentin“. Die SPD ist nach langer Durststrecke wieder da im Saarland, ihrem einstigen Stammland.

Ohrenbetäubender Jubel, als die Prognose des ZDF in den Saal eingeblendet wird: [1][43 Prozent für die SPD], ein in dieser Höhe unerwarteter Triumph. Wieder Jubel, als der Balken für den ungeliebten Koalitionspartner CDU bei 27,5 stehen bleibt und schließlich rhythmisches Klatschen und Gesänge, als die voraussichtliche Sitzverteilung errechnet ist: 26 von 51 Landtagssitzen und damit die absolute Mehrheit im nächsten Saarbrücker Landtag.

„Das Saarland hat Rot gewählt, nach 23 Jahren ist die SPD wieder stärkste Partei im Saarland“, ruft die künftige Ministerpräsidentin ihren GenossInnen zu. „Wir haben uns das Vertrauen zurückerkämpft“, so Rehlinger unter großem Jubel. Mit dem Ergebnis vom Sonntag toppt die saarländische SPD sogar ihren Erfolg vor sechs Monaten, als sie der CDU alle vier Bundestagswahlkreise abnehmen konnte.

Später am Abend wird klar: [2][Die SPD hat sogar eine absolute Mehrheit] und kann im nächsten saarländischen Landtag alleine regieren. Seit zehn Jahren regierte die SPD nun als Juniorpartner. Eine undankbare Rolle. Doch Anke Rehlinger verschaffte sich als Wirtschafts- und Verkehrsministerin des Saarlands einen Amtsbonus, während der CDU-Regierungschef Hans vor allem im Schlussspurt des Wahlkampfs Fehler machte. Zuletzt sorgte er für Hohn und Spott mit seinem Selfie gegen die „irren“ Spritpreise und forderte eine Entlastung „nicht nur für die Geringverdiener, sondern auch für die fleißigen Leute, die tanken müssen“.

SPD dankt Oskar Lafontaine

Um 18.30 Uhr tritt SPD-Chef Lars Klingbeil in Berlin vor das Mikrofon. Das Arrangement ist anders als in Saarbrücken kühl. Die früher übliche Inszenierung, jubelnde Jusos oder Mitarbeiter des Willy-Brandt-Hauses, fehlt. Klingbeil erwähnt, dass dies auch für ihn die erste Wahl nach seiner Kür zu SPD-Chef ist, vor allem aber dies „ein Wahlkampf in Zeiten des Krieges“ war.

Die SPD-Spitze hält rhetorisch den Ball flach. Die SPD stelle nun „die Hälfte der MinisterpräsidentInnen“, so Klingbeil. Das zeige, dass die SPD „die moderne Volkspartei“ sei. Die Wahl sei „ein gelungener erster Stimmungstest nach der Bundestagswahl“. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wählt eine andere, überschwängliche Tonlage, lobt den „Erdrutschsieg“ und glaubt, dass dieser Sieg die „ganze SPD“ angesteckt habe.

Ralf Stegner, SPD-Bundestagsabgeordneter, sagt der taz fröhlich: „Endlich hat Oskar uns mal genutzt.“ Lafontaine, früher SPD-Chef, dann Vorsitzender der Linkspartei im Bund und im Saarland lange populär, war für die Saar-SPD eine Art Albtraum. Lafontaines Austritt aus der Linkspartei kurz vor der Wahl 2022 vernichtete die Linkspartei endgültig – und war ein Grund für die Höhe von Rehlingers Sieg.

Deren Erfolg gegen CDU-Mann Hans könne man, so Stegner, kaum hoch genug schätzen. „Ich kann mich nicht erinnern, wann die SPD aus der Rolle des Juniorpartners gegen einen Amtsinhaber eine Wahl gewonnen hat.“ Für die SPD im Bund ist dieser Sieg im kleinsten Bundesland kein Grund für Tristesse. Dieses Ergebnis zeige, so Stegner, zumindest, dass es nach gut 100 Tagen Ampel aus „dem Bund keinen Gegentrend gab“. Offenbar komme die ruhige Art von Kanzler Scholz bei der Wählerschaft besser an als in manchen Leitartikeln.

27 Mar 2022

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AUTOREN

Stefan Reinecke
Christoph Schmidt-Lunau

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