taz.de -- Landtagswahl im Saarland: Die Kleinen bleiben klein
Die Grünen scheitern offenbar knapp, die AfD ist gerade so drin. Die FDP bleibt draußen und für die Linkspartei ist die Wahl ein Desaster.
Berlin taz | Im Saarland sind die Volksparteien noch Volksparteien: Über 70 Prozent der Stimmen [1][entfielen auf CDU und SPD] – so viel wie bei keiner Bundes- oder Landtagswahl der letzten Jahre. Die Linke fliegt dagegen aus dem Landtag, FDP und Grüne scheitern knapp, die AfD ist nur gerade so drin. Die Schwäche der kleineren Parteien hat im Saarland Tradition, sie haben in den letzten Monaten aber auch Wähler*innen durch interne Konflikte vergrault.
Die Grünen, schon im letzten Landtag nicht vertreten, hatten sich vor der Bundestagswahl zerlegt. Lange war der Landesverband von Hubert Ulrich dominiert worden, einem Meister der Intrigen. Mit ihm als Spitzenkandidaten waren die Grünen 2017 aus dem Landtag geflogen, trotzdem wollte er 2021 die Landesliste zur Bundestagswahl anführen. Der Comeback-Versuch endete im Desaster: Nach Satzungsstreitigkeiten stand der Landesverband ohne rechtsgültige Liste da.
Den Neustart versuchte die Partei jetzt ohne Ulrich, dafür mit der 31-jährigen Lisa Becker als Spitzenkandidatin. An Vertrauen in die Grünen fehlt es aber weiterhin: [2][Laut Infratest Dimap glauben zwei Drittel der Wähler], die Grünen seien noch zu zerstritten, „um ernsthaft Politik mitgestalten zu können“. Das hat sich im vorläufigen Endergebnis niedergeschlagen: Mit 4,99502 Prozent sind die Grünen wohl nicht im neuen Parlament. Sie können jetzt nur noch auf die Nachzählung hoffen.Für eine Partei, die im Bund perspektivisch noch immer das Kanzleramt anstrebt, ist das eine Enttäuschung – auch wenn sich die Grünen angesichts der Umstände schon über einen knappen Einzug gefreut hätten. Nach den ersten Prognosen mit Werten über 5 Prozent hatte Parteichef Omid Nouripour im ZDF noch vom möglicherweise „besten Ergebnis, das wir dort jemals hatten“ geschwärmt. Dafür hätten 6 Prozent ausgereicht.
Immerhin: Die Grünen liegen deutlich vor der Linken, die mit 2,6 Prozent aus dem Landtag fliegt. Einst holte die Partei im Saarland über 20 Prozent. Ex-Ministerpräsident Oskar Lafontaine führte sie 2009 mit diesem Traumergebnis ins Parlament. Maßgeblich mitverantwortlich ist er nun auch für das Aus: Zehn Tage vor der Wahl gab er seinen Austritt aus der Linkspartei bekannt – der Endpunkt eines langen, äußerst erbittert geführten machtpolitischen Grabenkampfs Lafontaines mit dem Landeschef Thomas Lutze. Im Landtag saß die Partei bisher mit zwei Fraktionen, jetzt mit keiner mehr.
„Es ist, wie es ist: Man wählt keine zerstrittenen Parteien“, sagte Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow am Sonntagabend. Die Krise und die Konflikte in der Bundespartei dürften sich nach dem Ergebnis im Saarland weiter verschärfen. Auf Twitter starteten bereits die Schuldzuweisungen. „Jene, die Oskar aus der Partei vertrieben haben, sich selbst aber für so wichtig halten, inhaltlich und persönlich, merkt ihr jetzt was?“, schrieb dort beispielsweise der Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst.
Auch in der AfD gab es vor der Wahl, [3][na klar, erbitterte Machtkämpfe]. Die Querelen im Landesverband führten zu Parteiausschlussverfahren und zur Einsetzung eines Notvorstands. Dazu kam die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln, dem Verfassungsschutz die Beobachtung der AfD zu erlauben. Zu Beginn des Wahlkampfs lag die Partei in Umfragen noch zwischen 8 und 9 Prozent, jetzt kam sie nur auf 5,7 Prozent. Immerhin: Im Landtag ist sie als wohl einzige der kleinen Parteien wieder vertreten. Negativschlagzeilen schrecken das Stammklientel der AfD wie gewohnt nicht ab.
Geradezu diszipliniert wirkte im Vergleich zu den anderen Parteien der Wahlkampf der FDP. Die Liberalen waren aber aus einer undankbaren Position angetreten: Zehn Jahre lang waren sie zuletzt nicht im Landtag vertreten. 2012, nachdem die Union die bis dahin regierende Jamaika-Koalition platzen ließ, flog die FDP aus dem Parlament. Anlass waren damals Personalquerelen bei den Liberalen.
Langsam haben sie sich jetzt wieder vorangekämpft. Für den Wiedereinzug in den Landtag hat es trotzdem nicht gereicht. Mit 4,8 Prozent der Stimmen ist die FDP wie die Grünen knapp gescheitert. Nach zehn Jahren außerparlamentarischer Opposition habe man es eben schwer, sagte Spitzenkandidatin Angelika Hießerich-Peter.
Letzte Aktualisierung: 22:01 Uhr
27 Mar 2022
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