taz.de -- Nachrichten in der Coronakrise: Lauterbach appelliert an Bundesländer

Die Coronazahlen steigen. Gesundheitsminister Lauterbach hält an Lockerungen fest, fordert aber, dass die Bundesländer in Hotspots selbst eingreifen.
Bild: Karl Lauterbach warnt, dass die Pandemie noch nicht vorbei sei

Lauterbach warnt vor Corona-Hotspots in mehreren Bundesländern

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach befürchtet [1][weiter steigende Corona-Infektionszahlen] angesichts der anstehenden Lockerungen in der Pandemie. Die aktuelle Lage sei deutlich schlechter als die Stimmung, sagte der SPD-Politiker in Berlin. Die Situation sei kritisch. Pro Tag würden noch 200 bis 250 Menschen im Zusammenhang mit [2][Covid-19] sterben. „Wir können nicht zufrieden sein.“

Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Freitag 252.836 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Seit etwa einer Woche steigen die Zahlen wieder. Erst am Donnerstag war ein neuer Rekord von fast 263.000 Neuinfektionen gezählt worden. Die Zahl der Corona-Intensivpatienten lag am Donnerstag bei 2085. Das sind deutlich weniger als in der vierten Welle, was mit dem im Schnitt milderen Verlauf der Krankheit bei einer Ansteckung mit der Omikron-Variante erklärt wird.

„Bei der Entwicklung der Fallzahlen erwarte ich Hotspots in zahlreichen Bundesländern“, sagte Lauterbach. Es werde auch künftig dort gehandelt, wo es einen Ausbruch gebe. Das könne eine Stadt, ein Landkreis oder ein ganzes Bundesland sein. Im neuen Infektionsschutzgesetz, das nächste Woche im Bundestag beschlossen werden soll, wird aber kein konkreter Grenzwert für Hotspots genannt. „Es wäre einfach nicht medizinisch möglich gewesen, hier Grenzwerte zu nennen.“

Dies sei immer abhängig von der aktuellen Virusvariante, weswegen die Länder hier Spielräume bräuchten. „Anders geht es nicht.“ Die Länder sollten sich am besten untereinander abstimmen. Ein Hotspot [3][sei derzeit Köln], was wahrscheinlich mit dem Karneval zusammenhänge. Dadurch hätten beispielsweise an der Uniklinik planbare Operationen verschoben werden müssen.

Lauterbach und Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatten am Mittwoch einen Entwurf für ein abgespecktes Infektionsschutzgesetz vorgestellt, das den [4][Großteil der Coronamaßnahmen ab dem 20. März streicht]. Die Länder sollen bis zum 3. April Zeit haben, die neuen Regelungen umzusetzen. Danach sollen umfassendere Maßnahmen nur noch in Hotspots erlaubt sein. Als Basisschutz gelten eine Maskenpflicht etwa im öffentlichen Nahverkehr sowie Tests in Einrichtungen mit besonders gefährdeten Personen. (rtr)

Hälfte der Deutschen hält Lockerungen für richtig

Im ZDF-Politbarometer haben 50 Prozent der Befragten angegeben, die Lockerungen ab dem 20. März richtig zu finden. 47 Prozent sprachen sich dagegen aus. 38 Prozent sehen ihre Gesundheit durch Corona gefährdet – weniger als zuletzt. 56 Prozent sehen für sich kein Risiko.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, nach zwei Jahren könne Deutschland zur Normalität zurückkehren. Das Gesundheitssystem sei zum Glück nicht überlastet. „Es ist daher wichtig, nun auf die Eigenverantwortung jedes Einzelnen zu setzen.“ Die Bevölkerung ist dabei allerdings gespalten.

RKI-Präsident Lothar Wieler sagte, in etwa die Hälfte der derzeitigen Covid-Patienten auf Intensivstationen seien über 70 Jahre alt. Die wohl noch ansteckendere Omikron-Subvariante BA.2 setze sich auch international immer stärker durch und mache in Deutschland bereits die Hälfte der Infektionsfälle aus.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ergänzte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, ohne eine allgemeine Impfpflicht werde sich die Lage nicht wesentlich bessern. „Wir werden im Herbst vor genau der gleichen Situation stehen wie jetzt, wenn nicht schlimmer.“ Angesichts der Zahl der Ungeimpften sei die Pandemie noch nicht vorbei. In Deutschland sind in etwa drei von vier Personen gegen Covid geimpft.

Die Chefärztin der Median-Klinik in Heiligendamm, Jördis Frommhold, warnte von langfristigen Beschwerden nach Covid-19-Erkrankungen. „Long Covid ist längst kein Einzelfall mehr.“ Mehrere 100.000 Personen seien davon in Deutschland betroffen, oft auch junge und sportliche im Alter von 20 bis 50 Jahren, häufig auch nach zunächst milden Verläufen. „Wir haben es mit einer chronischen, bisher noch nicht heilbaren Krankheit zu tun.“ (rtr)

11 Mar 2022

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