taz.de -- Ankunft von Ukraine-Flüchtlingen: Sprunghafter Anstieg

Integrationssenatorin Katja Kipping (Linke) spricht von „dynamischer Situation“. Fünf Direktzüge kommen pro Tag aus Warschau.
Bild: Ankunft am Berliner Hauptbahnhof: Ukrainierin mit Kind am 1. März

Berlin taz | Immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine kommen in Berlin an. „Wir haben [1][eine extremst dynamische Situation], die Lage hat sich über die vergangenen Tage dramatisch verändert“, sagte [2][Integrationssenatorin Katja Kipping] (Linke) am Mittwoch bei einem spontan anberaumten Pressestatement. In der Nacht zu Mittwoch habe man über den Krisenstab und das Landesamt für Flüchtlinge rund 1.400 Menschen in Unterkünften untergebracht. Am Montag seien es noch 350 gewesen.

„Wir sehen einen sprunghaften Anstieg“, sagte Kipping. Noch sei es kein Problem, alle Menschen unterzubringen, betonte sie – auch weil immer noch viele privat bei Familie oder Bekannten in der Stadt unterkämen. „Wer ein Bett brauchte, hat eines bekommen“, sagte Kipping, die selbst eine Nachtschicht beim Krisenstab gemacht hatte. Wie viel Bettenkapazität es am Mittwoch aktuell noch gab, konnte sie nicht sagen: „Das ist ein laufender Prozess.“

Der Senat hatte am Dienstag versprochen, zunächst Unterbringung für 20.000 Geflüchtete schaffen zu wollen. Seit Mittwoch seien nun auch in Neukölln eine Unterkunft in der Emser Straße einsatzbereit, sagte Kipping. In Pankow habe man Containerunterkünfte reaktiviert. Auch in Spandau am Rohrdamm sei eine Unterkunft ans Netz gegangen, genauso wie ein als Unterkunft umfunktioniertes Hostel in der Gubener Straße in Friedrichshain.

Direktzüge aus Warschau

Viele der Menschen [3][kommen mit Direktzügen] aus Warschau in Berlin an, täglich gibt es fünf fahrplanmäßige Verbindungen. Auch mit Bussen oder in Regionalzügen kämen aber zunehmend Geflüchtete an, sagte Kipping. Zentrale Anlaufstellen sind ein weitgehend von Ehrenamtlichen organisierter Infopoint am Hauptbahnhof und das Ankunftszentrum in Reinickendorf.

Kipping betonte, es sei wichtig, dass sich die Menschen an diesen zentralen Anlaufstellen meldeten und nicht auf eigene Faust zu den Unterkünften auf den Weg machen, weil einige bereits voll belegt seien.

Indes ist der Aufenthaltsstatus der Geflüchteten weiter unklar. Die EU-Kommission will nun am Donnerstag zu einer Verabredung darüber kommen, dass die Menschen aus der Ukraine als Kriegsflüchtlinge gelten. Sie bekämen dann zunächst für zwei Jahre einen Aufenthaltsstatus und eine Arbeitserlaubnis. Damit würde die Kommission erstmals Gebrauch machen von einer Richtlinie zum Flüchtlingsschutz, die im Zuge des Jugoslawien-Krieges ausgearbeitet worden war. Mindestens 15 EU-Länder müssen zustimmen, um sie zu aktivieren.

Kipping rechnete am Mittwoch damit, dass sich viele Ukrainer*innen wegen ihres noch unklaren Status als Geflüchtete noch gar nicht im Ankunftszentrum gemeldet haben könnten aber eventuell schon in der Stadt sind. Ukrainische Staatsbürger*innen können 90 Tage visafrei in die EU einreisen.

2 Mar 2022

LINKS

[1] /-Nachrichten-zum-Ukrainekrieg-/!5838872
[2] /Fluechtlinge-aus-der-Ukraine-in-Berlin/!5837688
[3] /Abschied-von-Kiew/!5838067

AUTOREN

Anna Klöpper

TAGS

Katja Kipping
taz на русском языке
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Hauptbahnhof Berlin
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schulstreik
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Willkommenskultur

ARTIKEL ZUM THEMA

Ankunft von Geflüchteten in Berlin: Giffey fordert Hilfe von Bund

Die Zahl der in Berlin ankommenden Menschen aus der Ukraine steigt rasant. Berlins Regierende Bürgermeisterin fordert deswegen Unterstützung.

Fridays-for-Future-Demo gegen den Krieg: „Einfach Solidarität zeigen“

Die Klimabewegung ist Donnerstag gegen den Krieg in der Ukraine auf die Straße gegangen. Viele Schüler*innen waren dabei. Fünf Protokolle.

Spenden für Geflüchtete aus der Ukraine: Kistenweise Solidarität

Im Berliner Sage-Restaurant stapeln sich die Hilfsgüter für Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen. Ein Besuch zwischen Kisten und Tüten.

Flüchtlinge aus der Ukraine: Die neue Bahnhofsmission

Freiwillige Helfer nehmen im Berliner Hauptbahnhof geflüchtete Menschen aus der Ukraine in Empfang. Die kommen zunehmend mit Zügen aus Warschau an.

Russischer Angriff auf die Ukraine: Wohin mit der Hilfsbereitschaft?

Die Russische Armee steht vor Kiew, immer mehr Menschen müssen fliehen. Auch von Deutschland aus kann man ihnen helfen. Ein Überblick.

+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Vollversammlung verurteilt Einmarsch

Die UN hat den Angriff auf die Ukraine mit großer Mehrheit verurteilt und Russland zum Ende der Aggression aufgefordert. EU sanktioniert Belarus.

Ukrainische Flüchtlinge in Berlin: Willkommen erster Klasse

Berlin bereitet sich auf 20.000 Flüchtlinge aus der Ukraine vor. Ihr Aufenthaltsstatus ist noch unklar. Das betrifft auch schon hier lebende Ukrainer.