taz.de -- Faesers Plan gegen Rechtsextremismus: Aufschlag mit Leerstellen

Dass Innenministerin Faeser dem Rechtsextremismus den Kampf ansagt, ist richtig. Nur: Ihr Aktionsplan lässt viele Fragen offen.
Bild: Vieles bleibt vage: Innenministerin Nancy Faeser bei der Vorstellung ihres Aktionsplans am Dienstag

Nancy Faeser sieht zu Recht die größte Gefahr für die Demokratie hierzulande im Rechtsextremismus. Nach den tödlichen Attentaten des NSU in Halle, [1][Hanau] oder auf [2][Walter Lübcke] kann daran kein Zweifel mehr bestehen. Überdies erreichten rechtsextreme Straftaten jüngst ein Rekordhoch und gipfelten im Zuge der radikalisierten Coronaproteste in den Mord in Idar-Oberstein.

Auch Faesers Vorgänger Horst Seehofer räumte die Gefahr am Ende ein. Die frühere Bundesregierung beschloss ein Paket von [3][89 Maßnahmen gegen Rechtsextremismus]. Faeser knüpft mit einem 10-Punkte-Plan daran an. Die rechtsextreme Szene entwaffnen, ihre Finanzen austrocknen, Onlinehass bekämpfen, Extremisten aus dem öffentlichen Dienst werfen, die Prävention stärken – ist alles zu begrüßen. Dennoch bleibt noch vieles zu vage.

So fragt man sich, warum die Finanzströme der Szene erst jetzt intensiver ins Visier genommen werden. Auch das Waffenrecht bleibt problematisch: Die geplante Verschärfung stoppte die Waffenlobby. Die Zahl der [4][Rechtsextremisten, die im Besitz eines Waffenscheins sind], stieg jüngst noch an. Wie nun psychisch Auffällige wie der Hanau-Attentäter entwaffnet werden sollen, lässt Faeser offen, ebenso, wie genau Extremisten schneller aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden sollen.

Richtig ist, dass die Prävention mitgedacht und die Bundeszentrale für politische Bildung gestärkt wird. Sonst aber findet Faeser überraschend wenige Worte zur Rolle der Zivilgesellschaft. Stattdessen werden viele Aufgaben der Polizei oder dem Verfassungsschutz übertragen, auch Aussteigerprogramme oder Opferbetreuung. Dabei muss klar sein: Der Kampf gegen Rechtsextremismus braucht die gesamte Gesellschaft, der Widerspruch muss im ganz Kleinen beginnen.

Und das gerade jetzt, da die nächste Bewährungsprobe bevorsteht: der Umgang mit den Geflüchteten aus der Ukraine. Auf kurz oder lang werden die Rechtsextremen gegen die Hilfesuchenden mobil machen. Wie effektiv Faesers Aktionsplan wirkt, wird erst an den Ergebnissen zu messen sein.

16 Mar 2022

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Konrad Litschko

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