taz.de -- Kinotipp der Woche: Feministische Klasse

Die Reihe „Film!Her!Story!“ im Filmmusum Potsdam stellt vier sozialkritische Filmemacher:innen vor. Aktuell das Werk Cecilia Manginis.
Bild: Cecilia Mangini

Elegant kehrt Cecilia Manginis kurzer Dokumentarfilm „Maria e i giorni“ (Maria und die Tage) aus einer Schwarzblende zurück, indem die Protagonistin, die apulische Bäuerin Maria den Docht einer Petroleumlampe anzündet. Parallel zum Aufflammen des Dochtes wird das Filmlicht heller und in einer erkennbar gestellten Szene nimmt die alte Frau, die im Nachthemd im Bett sitzt, ein paar Fotos aus einer Schublade, legt sie vor sich auf die Decke.

„Zurückdenken an die Lieben, die heute nur noch Fotos sind. Durch die Vergangenheit blättern, wenn man an der Gegenwart zweifelt. Für Maria sind die Gegenstände müde so wie der Schlaf der Menschen.“ „Maria e i giorni“ ist das Porträt der Selbstbehauptung einer alten Frau, die auf ihrem Platz in der Welt beharrt – gegenüber sich selbst ebenso wie gegenüber anderen.

Der Film ist Teil eines Kurzfilmprogramms mit Filmen der italienischen Dokumentarfilmregisseurin Cecilia Mangini. Dieses wiederum ist der zweite Teil eines Doppelprogramms, als erster Teil läuft der Dokumentarfilm „In viaggio con Cecilia“ (Auf Reisen mit Cecilia), in dem die Dokumentarfilmregisseurin Mariangela Barbanente zusammen mit Cecilia Mangini Orte aus Manginis Filmen im Apulien der Gegenwart bereist.

Beide Programme schließlich sind Teil einer [1][Filmreihe des Filmmuseum Potsdam mit dem Ausrufungszeichen-reichen Titel „Film!Her!Story!“], mit dem das Filmmuseum den internationalen Frauenkampftag begeht. Eröffnet wurde die Reihe am 4. März mit Ula Stöckls „Neun Leben hat die Katze“.

Passend zum 100. Geburtstag Pier Paolo Pasolinis wird das Kurzfilmprogramm eröffnet von „Stendalì“ einem Film über Totenklagerituale in Apulien, zu dem Pasolini den einen beeindruckenden lyrischen Kommentar verfasste. Als dritter Film läuft der halblange Dokumentarfilm „Essere donne“ von 1965.

Der Film ist eine Studie über die doppelte Ausbeutung von Frauen als Bäuerin oder Arbeiterin und als Frau, entstanden einige Jahre bevor Frauen in größerer Zahl, bevor der Feminismus den Film eroberte.

Einen Monat lang zeigt das Filmmuseum Potsdam ausschließlich Filme von Regisseurinnen – von der Stummfilmzeit bis heute. So etwa anlässlich der Feier von 40 Jahren Filmmuseum in Potsdam Cheryl Dunyes Spielfilmdebüt „Watermelon Woman“. Wie die vorausgegangenen Kurzfilme Dunyes verwischt der Film die Grenzen zwischen Realität und Fiktion der Figuren.

Die junge, schwarze, lesbische Filmemacherin Cheryl Dunye spielt die junge, schwarze, lesbische Filmemacherin Cheryl, die in einer Videothek in Philadelphia arbeitet. Sie stößt auf eine Nebendarstellerin aus Filmen der 1930er und 1940er Jahre und beginnt zu recherchieren. Die Recherche führt greift in Cheryls Beziehung zu ihrer Freundin über, wirft Fragen von Machtstrukturen, Begehren und Kanonisierungen der Filmgeschichte auf.

Und eine Woche später zeigt das Filmmuseum ein Programm mit zwei Filmen der DEFA-Regisseurin Róża Berger-Fiedler, die in den 1970er und 1980er Jahren eine Reihe von Filmen zu jüdischem Leben in der DDR realisieren konnte.

Gezeigt werden das freie Rosa-Luxemburg-Porträt „Liebster Dziodzio“ und „Erinnern heißt Leben“ von 1988. „Erinnern heißt Leben“ geht von einem Gang über den jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee aus und entwickelt daraus einen Streifzug durch jüdisches Leben in Deutschland.

Abgeschlossen wird die Reihe am 25. März mit dem Dokumentarfilm „Misteln“ der ungarischen Regisseurin Judit Ember.

9 Mar 2022

LINKS

[1] https://www.filmmuseum-potsdam.de/filmherstory.html

AUTOREN

Fabian Tietke

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