taz.de -- Härte gegenüber China: Ende der Katzbuckelei
Die Ampelkoalition will eine neue China-Politik betreiben: Differenzen klar benennen. Der Fall Litauen zeigt, dass das möglich ist.
Ihre konservativen Kritiker sprechen schon von einer „Azubi- statt einer Ampelregierung“. Dabei hat die künftige Außenministerin [1][Annalena Baerbock] nur versucht, Deutschland aus seiner bigotten Duckmäuserrolle gegenüber Despotenregimen wie dem in China herauszuführen: Ihre „wertegeleitete Außenpolitik“ werde aus „Dialog und Härte“ bestehen, kündigte sie in der taz an. Gleichzeitig schloss Baerbock Importverbote für Produkte aus der Uigurenregion Xinjiang und sogar einen Boykott der Olympischen Winterspiele nicht aus.
Das Auswärtige Amt kommt damit im 21. Jahrhundert an. Angela Merkel hat 16 Jahre lang in Peking auch gekatzbuckelt, damit China erster Handelspartner der Deutschen wird. Dabei allein darf es nicht bleiben, denn [2][Chinas Diktatur] gefährdet unsere Demokratien. Nun hat sich die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag dazu bekannt, Differenzen zu Peking in Sachen Taiwan oder Hongkong und auch die Rivalität der Systeme klar zu benennen. Was ist die Alternative? Weiter wie Fidel Castro, Robert Mugabe – und Merkel – von Staatschef Xi Jinping „alter Freund des chinesischen Volkes“ genannt werden zu wollen?
Ein neuer Kurs gegenüber Peking – und auch gegenüber Moskau – muss nicht heißen, dass hier alles kollabiert. Der Fall [3][Litauen] zeigt deutlich: Das baltische Land verkauft nur Waren im Wert von 300 Millionen Euro nach Fernost – und nahm deshalb in Kauf, für bessere Beziehungen zu Taiwan von der Liste der Länder getilgt zu werden, mit denen China Handel treibt. Das kann sich Deutschland nicht leisten: Es geht um Exporte im Wert von fast 100 Milliarden Euro ins Reich der Mitte. Die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft ist asymmetrisch, aber sie ist nicht einseitig. Die neue Ehrlichkeit kann jedoch nur als europäische Entente funktionieren. Schon im Konflikt mit Trumps USA bei Flugzeugsubventionen und Strafzöllen hat sich gezeigt, dass die EU Schwergewicht sein kann. Der Neuanfang bietet viele Chancen. Annalena Baerbock muss sie nur nutzen.
7 Dec 2021
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