taz.de -- „Polizeiruf“ aus Frankfurt (Oder): Mustermutter gegen Monstermutter

In ihrem letzten Fall trifft Kommissarin Olga Lenski auf eine gewaltbereite junge Frau. Die will ihre kleine Tochter zurück haben. Mit allen Mitteln.
Bild: Lenski (Maria Simon, l.) gerät in die Gewalt von Lou (Luzia Oppermann)

Stellen wir uns vor, es gibt zwei Mütter, die eine erfolgreich, funktional, angepasst, natürlich nicht immer perfekt, aber doch zufrieden. Die andere ist straffällig, gewalttätig, kommt frisch aus dem Knast. Sie haben nichts gemeinsam, außer: Sie sind Mütter. Und das verbindet.

Tut es das? Offenbar nicht. Denn so etwas wie Chemie stellt sich gar nicht erst ein beim Duo aus „Polizeiruf“-Ermittlerin [1][Olga Lenski] (Maria Simon) und der frisch aus dem Gefängnis entlassenen Louisa „Lou“ Bronski (Luzia Oppermann). Dabei ist an dem Sujet erst mal nichts verkehrt: Lou entführt Lenski in deren Auto. Lenski hat gerade ein paar Problemchen in ihrer heilen Welt, Lou hingegen hat nie eine heile Welt erlebt.

Das ist kein neues Set-up, aber ein bewährtes. Zwei grundverschiedene Figuren, auf engen Raum gepresst, Extremsituation. Ideal für dialog- und charakterbetonte Handlung. Und, wie gesagt: Welten prallen aufeinander.

Aber aufeinanderprallende Welten sind nicht genug, wenn die Motivationen der Figuren flach bleiben. Lou will ihre Tochter zurück, das könnte sie einem als Zuschauer*in nahebringen, aber da Lou offenbar bereit ist, das Leben ihrer Tochter in einem wahnwitzigen Geiselaustausch aufs Spiel zu setzen, tut es das nicht. Sie müsste ja keine hehre Kreidekreis-Mutter sein, die sämtlichen Egoismus zum Wohle des Kindes zurückstellt, aber zumindest eine Messerspitze davon hätte es gebraucht. Stattdessen wirkt sie bloß rach- und selbstsüchtig.

Fettige Haare, keine Liebe

Erschwerend kommt hinzu, dass sie ohne Not („aus Versehen“) eine Mitarbeiterin des Jugendamts aufgeschlitzt hat. Aber Lou hatte es eben auch nicht leicht, denn ihre Mutter ist eine dieser kettenrauchenden Unterschichtsschablonen mit fettigen Haaren. Ihr Wohnzimmer ist hässlich eingerichtet, da lernt man halt keine Liebe.

Olga Lenski hingegen will vor allem eins, überleben und die Situation deeskalieren. Jede Annäherung ist also bloß ein Manipulationsversuch der Polizistin. Das macht, was zwischen den beiden Figuren passiert, langatmig und repetitiv. Meist endet eine Interaktion damit, dass Lou „alle wollen mich verarschen“ brüllt.

Es ist der letzte Fall von Maria Simon als Kommissarin Lenski, deswegen legt die Geschichte den Fokus auf diese Figur – und läuft auf eine letzte Gewissensentscheidung hin. Der RBB fand das Ende so besonders, dass er es in der Vorabversion für Rezensent*innen abgeschnitten hat. Wir wissen also nicht, was passiert. Schade nur, dass es einem bis dahin fast egal ist.

31 Jan 2021

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AUTOREN

Peter Weissenburger

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