taz.de -- Waldbrände im Amazonasgebiet: Mehr Feuer, weniger Interesse

Der Regenwald am Amazonas wird auch 2020 im Rekordtempo vernichtet. Schuld ist die brasilianische Regierung.
Bild: Bilder wie dieses von 2019 werden aktuell übersehen

Sao Paulo taz | Wochenlang prangten die Fotos des brennenden Regenwalds auf den Titelseiten der Zeitungen. In sozialen Medien trendete der Hashtag [1][#PrayForAmazonas]. Prominente überboten sich mit rührseligen Botschaften: Als es 2019 im Amazonas-Regenwald brannte, gab es einen internationalen Aufschrei. Das sieht 2020 anders aus: Die Coronapandemie beherrscht noch immer die Berichterstattung, die Brände im größten Regenwald der Welt interessieren kaum. Dabei werden auch dieses Jahr neue Rekordwerte gemeldet: Mit 3.069 Quadratkilometern wurde im ersten Halbjahr eine Fläche vernichtet, die größer ist als Luxemburg.

Laut der brasilianischen Raumfahrtbehörde INPE gab es allein im Juli 6.803 Brände. Das ist ein Anstieg um 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Auf den Territorien von indigenen Gemeinden stieg der Wert nach Angaben von Greenpeace sogar um 77 Prozent. Durch die Dürre der Trockenzeit sind die brasilianischen Wälder zwischen Juni und September besonders anfällig für Brände.

Die meisten Feuer im Amazonas gehen auf Brandrodungen in abgeholzten Gebieten zurück. Die exportorientierte Landwirtschaft benötigt immer neue Flächen für den Anbau von Soja und für die Viehzucht. [2][Die illegalen Landbesetzungen sind vor allem ein Geschäft mit Blick in die Zukunft]. Mit direkten Gewinnen rechnen die wenigsten Besetzer*innen. Spekuliert wird darauf, dass sie das besetzte Land irgendwann behalten können. Dabei setzen viele Landräuber ihre Hoffnungen auf Präsident Bolsonaro.

Dieser verteidigt die wirtschaftliche Ausbeutung des Amazonas, geißelte Daten der Raumfahrtbehörde INPE als „Lüge“, sprach von einer „Umweltpsychose“ und nährte Zweifel am Klimawandel. Zudem kürzte der Rechtsradikale das Budget der Umweltbehörde Ibama und baut systematisch Umweltschutzmaßnahmen ab.

10 Aug 2020

LINKS

[1] https://www.change.org/p/stoppt-die-waldbr%C3%A4nde-im-amazonas-regenwald-prayforamazonas
[2] /Landkonflikt-in-Brasilien/!5693741

AUTOREN

Niklas Franzen

TAGS

Schwerpunkt Klimawandel
Amazonas
Jair Bolsonaro
Schwerpunkt Klimawandel
Wir retten die Welt
USA
Schwerpunkt Klimawandel
Brasilien
Brasilien
Mercosur

ARTIKEL ZUM THEMA

Amazonas vor dem Kipppunkt: Savanne statt Regenwald

Teile des Amazonas-Regenwalds könnten schon bald zu Savannen mutieren. Diese binden weniger Treibhausgabe und beherbergen weniger Arten.

Macht der Gewohnheit: Gestern Skandal, heute normal

Das „neue Normal“ sieht so aus: Maske tragen und Horrormeldungen zur Umwelt ignorieren. Vielleicht hilft dagegen ja „Klima vor acht“.

Feuer in Kalifornien: Mindestens fünf Tote

Im Kalifornien wird weiter versucht, riesige Waldbrände unter Kontrolle zu bringen. Gouverneur Newsom hat nun auch Hilfe aus dem In- und Ausland angefordert.

Geologe über Waldbrände am Amazonas: „Freifahrtschein der Regierung“

Dass im Amazonasgebiet wieder illegal gebrandrodet wird, interessiert kaum jemanden. Es herrsche ein Klima der Straflosigkeit, sagt Geologe Pedro Luiz Côrtes.

Aktivistin über Indigene in Brasilien: „Mercosur-Abkommen stoppen“

Brasiliens Präsident Bolsonaro schade Indigenen durch Umweltzerstörung, so Juliana Miyazaki. Sie ist Referentin der Gesellschaft für bedrohte Völker.

Coronapandemie in Brasilien: Angst am Amazonas

Nach den großen Städten breitet sich das Coronavirus im brasilianischen Hinterland aus. Dort ist die medizinische Versorgung meist mangelhaft.

Handelsabkommen Mercosur: EU macht Weg für Hormonfleisch frei

Das Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten ist auf der Zielgeraden. Vor allem die Agroindustrie Südamerikas hofft auf Marktzugänge.