taz.de -- Berliner Club Yaam in Gefahr: An diesen Mauern muss man bauen

Das ist momentan eher eine blöde Spreelage: Eine (bekanntermaßen) marode Ufermauer macht dem Yaam Kummer.
Bild: Alter Slogan, gilt wieder

Bis auf Weiteres wurde das Gebäude des Yaam-Clubs an der Schillingstraße von der Bauaufsicht gesperrt. Ein Gutachten hatte ergeben, dass die Ufermauer zur Spree, an die der Club direkt grenzt, [1][marode ist]. Eine Prüfung der Statik soll nun klären, wie gefährdet das Gebäude ist. Bis dahin bleibt der Laden erst einmal dicht. Die Freifläche des Clubs darf jedoch bis auf einen fünf Meter breiten Streifen entlang des Ufers weiterhin genutzt werden.

Eine Berliner Verwaltung, nämlich die von Friedrichshain-Kreuzberg, hat sich blamiert, weil sie eine Ufermauer jahrelang vor sich hinrotten ließ, obwohl seit Langem bekannt war, dass hier mal etwas getan werden müsste. Und als sie die Problematik dann schriftlich vorliegen hatte, musste alles ganz schnell gehen – auf Kosten des Yaam. Das ist ärgerlich für den Club und kein Glanzstück Berliner Bürokratie. Doch das Yaam kann derzeit wegen Corona sein Gebäude sowieso nicht nutzen, und ein Interimsbüro kriegt es hoffentlich irgendwo organisiert. Dass im Außenbereich nun mit einem Flatterband eine No-go-Area im Uferbereich ausgewiesen werden muss, könnte sogar etwas Gutes haben, ist doch nun unübersehbar: Hier muss gehandelt werden.

Der allgemeine Aufschrei bei der auch etwas komisch anmutenden Causa Yaam hat freilich auch gezeigt, wie beim Thema Clubs gerade bei allen die Nerven blank liegen. Erst Lockdown wegen Corona und jetzt dieser Mist, diese Reaktion des Yaam kann man hundertprozentig verstehen.

Doch es wurde auch sehr viel rumort und wild spekuliert. Wird das Yaam in Wahrheit das „Opfer der Gentrifizierung?“, wurde im Deutschlandfunk gefragt. Der Tagesspiegel sieht den Club „vor dem Aus“ und das Neue Deutschland wirft dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg im Umgang mit dem Yaam ein „schmutziges Spiel“ vor. Ganz so, als hätte man dort bewusst darauf hingearbeitet, dem Yaam das Leben so schwer zu machen, dass es endlich freiwillig dem nächsten Bürokomplex von Mediaspree weicht.

Natürlich kann sich das Yaam an der Schillingbrücke nur halten, wenn es von der Politik unterstützt wird. Um den Club herum haben sich Konzerne und das Big Business breitgemacht. Ein Freiraum wie das Yaam mit seinem chilligen Reggae-Vibe und dem Abfeiern von karibisch-afrikanischer Kultur wirkt in der Umgebung wie ein Paralleluniversum. People of Color, die auf dem nahegelegenen Mercedes-Platz wahrscheinlich schnell Ärger mit dem privaten Wachschutz bekommen würden, sind im Yaam herzlich willkommen. Und die soziale Durchmischung, wie man sie dort auf Konzerten findet, wird in den schicken Roof-Top-Bars rund um den Zalando-Campus nebenan sicherlich auch nicht gerade angestrebt.

Doch Baustadtrat Florian Schmidt hat sich klar zum Yaam bekannt. Der Bezirk, dem das Grundstück gehört, auf dem sich der Club befindet, hat diesem während des Lockdowns Mieten erlassen. Ähnliche Maßnahmen wurden aufgrund des Ärgers mit der Ufermauer angekündigt. Und wenn die Prüfung der Statik positiv ausfällt – wovon die Betreiber des Yaam ausgehen –, wird auch zumindest das Gebäude des Clubs bald wieder offen sein.

4 Jul 2020

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Andreas Hartmann

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