taz.de -- Böllerverbotszonen in Berlin: Es knallt nicht mehr
Erstmals sind in zwei Innenstadtbereichen Berlins Böller offiziell nicht mehr erlaubt. Der Polizei gelingt es, das Verbot auch durchzusetzen.
Berlin taz | „Do you have fireworks with you? Hast du Feuerwerk dabei?“ Dann ein kurzer Blick mit Taschenlampe in die Handtasche: So wird man von der Polizei kontrolliert, wenn man in der Silvesternacht zwischen 18 und 6 Uhr auf den Alexanderplatz will. Dort, auf dem Platz zwischen Weltzeituhr und Saturn, ist eine der drei diesjährigen Böllerverbotszonen in Berlin.
Die zwei anderen sind in Schöneberg, genauer an der Pallasstraße, wo es in den vergangenen Jahren eher rau zuging, und auf der Partymeile vor dem Brandenburger Tor, wo schon seit Jahren kein privates Feuerwerk mehr erlaubt ist. Doch [1][die Verbotszonen am Alex und in Schöneberg sind neu] – im Gegensatz zu den mehrere Jahre alten [2][Diskussionen um Böllerverbote] in den Altbaukiezen von Berlin.
Ab 23.40 Uhr zieht es am Alex immer mehr Menschen in die Zone. Besonders beim Einlass an der Weltzeituhr wird es eng. Direkt davor, wo kein Böllerverbot gilt, wird es immer chaotischer. Menschenmassen stehen dicht gedrängt, oft im Kreis um eine drei bis fünf Meter große Fläche, die sie für Böller freilassen; oft aber werden auch Knallkörper einfach in die Menge geworfen. Es macht den Anschein, dass deswegen viele Menschen spontan entscheiden, in die ruhige Verbotszone zu fliehen. Dort ist es – verglichen zu anderen, normalen Tageszeiten – eher leer.
„Da draußen ist es wie im Krieg, hab ich das Gefühl“, erklärt Vagrik, 28, aus Köln, warum er in der Verbotszone steht. Er verbringt Silvester mit seiner Mutter. Für ein Böllerverbot in der ganzen Innenstadt ist er nicht, aber die Verbotszone „würde ich nicht missen wollen“.
Vagrik und seine Mutter stehen nahe an der Weltzeituhr – dort haben sich zwischen 23.45 Uhr und 0.30 Uhr die meisten Menschen in der Verbotszone gesammelt und sehen sich alle das Feuerwerk an, das ein paar Meter weiter – außerhalb der Verbotszone – stattfindet.
Mit der Böllerei sei es „ein bisschen wie mit Lagerfeuern. Man will nicht drinstehen, aber man will es angucken“, meint Christoph, der seit zwölf Jahren in Berlin lebt und gegen ein generelles Böllerverbot in der Innenstadt ist. „Es macht ja auch irgendwie Spaß. Und wenn man sich die sonstige Umweltbelastung so anguckt, würde ein Böllerverbot für die Umwelt auch nicht so viel bringen.“ Er hat seine Familie aus Sachsen über Silvester zu Besuch.
Es wissen nicht alle, die sich in der Verbotszone aufhalten, dass Böller nicht erlaubt sind. Vereinzelt haben es Leute trotz Einlasskontrollen mit Feuerwerkskörpern rein geschafft. Eine Familie mit Kindern zündet um kurz nach Mitternacht ein Steh-Feuerwerk an. Keine fünf Sekunden später weist ein Polizist sie zurecht.
Eine Familie aus Neapel wusste nicht, dass an dieser Ecke Berlins ein Böllerverbot gilt. Sie ist einfach gekommen, weil es hier ruhiger und entspannter ist. Eigentlich findet sie Feuerwerk und Böllerei aber überhaupt nicht schlimm – in Neapel gehe es dahingehend noch extremer zu als in Berlin.
Ab halb eins leert sich die Verbotszone merklich, denn auch außerhalb davon werden die Menschenmengen kleiner und die Feuerwerke und Raketenabschüsse weniger. Die Menschen, die in dem abgesperrten Bereich Sicherheit gesucht und gefunden haben, fühlen sich nun jenseits der Absperrungen auch wieder sicher.
Größere Vorkommnisse gibt es offenbar keine, auch nicht in der Schöneberger Pallasstraße. Polizeisprecher Thilo Cablitz zog nach Mitternacht eine positive Bilanz für die beiden Bereiche. „Unsere Maßnahmen haben da gegriffen.“ Zwar hätte es mehrere Gruppen gegeben, die versucht hätten, mit Pyrotechnik in die Verbotszonen zu gelangen. Diese hätten sich aber ohne große Auseinandersetzung davon abbringen lassen. Genauere Ergebnisse sollten am Mittwochnachmittag bekannt gegeben werden.
1 Jan 2020
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