taz.de -- Museum der Moderne in Berlin: Schnell durchgewunken

Statt 200 Millionen darf das Museum der Moderne in Berlin vor Baubeginn nun schon 450 Millionen Euro kosten. Es ist Monika Grütters' Grand Project.
Bild: Modell des Siegerentwurfs von Herzog & de Meuron für das Museum des 20. Jahrhunderts

Wie erwartet hat der Haushaltsausschuss des Bundestages weiter Geldmittel für das Museum der Moderne in Berlin bewilligt. Statt 200 Mio Euro stehen nun 364,2 Millionen Bundesmittel zu Verfügung. Vom Finanzministerium in Aussicht gestellte 86 Millionen für Baukostensteigerung und Risikoabsicherung standen nicht zur Abstimmung.

Vor Baubeginn kostet das geplante Museum also schon 450 Millionen. Und wurde mit dem Bauen erst einmal angefangen, darf das Ganze gerne noch mehr kosten, dafür verbürgt sich Kulturstaatministerin Monika Grütters/-Mitterand, die im M20 ihr Grand Project erkennt.

Hätte sich Monika Grütters 2014 mit ihrem Finanzminister Schäuble abgeluchsten 200 Millionen Euro-Geschenk nicht eingemischt, wäre es gut denkbar, dass das mit 130 Millionen Euro veranschlagte Ausstellungshaus an der Sigismundstraße zwischen Neuer National- und Gemäldegalerie gebaut worden wäre, von dem die Staatlichen Museen 2013 noch ausgegangen waren.

Ideale Situation für architektonische Raffinesse

Aber nun mit Grütters an Bord war alles zu klein und vor allem viel zu subtil. Denn das war die Lösung in der Sigismundstraße: elegant. Eine ideale Situation, architektonische Raffinesse zu beweisen. Selbst wenn auch sie teurer geworden wäre. Aber Einfachheit und Eleganz in der Herleitung als Gütekriterium, das selbst für mathematische Gleichungen selbstverständlich ist, gilt nicht für gesellschaftspolitisch wie städtebaulich relevante Großvorhaben. Hier gilt Politik.

Und die spielt gerne plump an der Rampe. Wie jetzt Monika Grütters an der Potsdamer Straße. Denn hey, da sieht man das Ding dann auch! Und dafür ignoriert die Staatsministerin jederzeit die gar nicht überschaubaren bautechnischen Probleme, die mit diesem Standort einher gehen. Von den städtebaulichen und architektonischen Implikation gar nicht zu reden, für die auch der Siegerentwurf der Schweizer Stararchitekten Herzog & de Meurons, inzwischen „Scheune“ genannt, keine Lösung darstellt.

Wie sehr Monika Grütters das geplante Museum als ihres betrachtet, als Haus, in dem sie das Sagen hat, zeigt sich in ihrem Vorstoß, gleich mal ein paar Säle für den Malerstar Gerhard Richter zu reservieren. Üblicherweise steht die Autorität, zu sagen, wie und wo die Sammlungsbestände gehängt und eingerichtet werden, allein dem Direktor oder der Direktorin eines Museums zu. Neben seiner Übergriffigkeit zeichnet auch hier vor allem seine Plumpheit den Grütterschen Vorstoß aus.

Was wird aus der Sammlung Flick?

Gerhard Richter kriegt man ja nirgendwo zu sehen – außer in einfach jedem Museum mit Gegenwartskunst. Also muss in Berlin das Gleiche natürlich nochmal im Großmaßstab plakatiert werden. Interessant ist da, dass gleichzeitig niemand weiß, was jetzt aus der Sammlung von Friedrich Christian Flick in den Rieckhallen wird, wo der Mietvertrag in Bälde ausläuft.

Um diese, wie man zugeben muss, wirklich interessante und qualitätsvolle, weil mit Sorgfalt und Verstand konzipierte Sammlung nach Berlin zu holen, scheute man einst, wir erinnern uns, vor keiner noch so dreisten Geschichtsklitterung zurück – um sie jetzt glatt zu vergessen.

So paradox es erscheint, aber den [1][Berliner Museen fehlt das Geld]. Weder können sie ihr Personal anständig bezahlen, es gar auf die betriebsnotwendige Stärke aufstocken, noch haben einen ernstzunehmenden Ankaufs- und Ausstellungsetat, noch sind sie in der Lage ihre Häuser baulich zu unterhalten wie der Bundesrechnungshof gerade festgestellt hat.

Ganz offensichtlich ist der Etat der Kulturstaatsministerin „konzeptlos“, wie Erhard Grundl, Sprecher für Kulturpolitik der Bundestagsfraktion der Grünen anlässlich der Sitzung des Haushaltsausschusses verlautbarte, „eine Black-Box, der es an Transparenz und Nachvollziehbarkeit“ fehlt. Genau so ist es wohl gewollt.

15 Nov 2019

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AUTOREN

Brigitte Werneburg

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