taz.de -- Verkehrs-Thinktank über E-Scooter: Ehrenrettung für die Störer

E-Scooter können ein Beitrag zu nachhaltiger Mobilität sein, sagen Experten der Denkfabrik Agora Verkehrswende. Sie geben Kommunen Ratschläge dazu.
Bild: Verkehrsexperten raten den Kommunen, die Infrastruktur für Fahrräder und E-Roller auszubauen

Auch wenn sie zurzeit [1][in den größeren Städten vor allem nerven] – E-Scooter haben großes Potenzial, Teil einer nachhaltigen Mobilitätswende zu werden. Davon sind zumindest die Experten der Denkfabrik Agora Verkehrswende überzeugt. Am Donnerstag haben sie [2][Handlungsempfehlungen für den Umgang der Kommunen mit den Verleihsystemen] vorgelegt. E-Scooter sollten als Chance und nicht nur als Problem verstanden werden, heißt es darin.

Vor allem für kürzere Strecken und in Verbindung mit dem ÖPNV könnten E-Scooter ein Teil der Verkehrswende sein, so die Experten. Denn die kleinen Flitzer sind viel energieeffizienter als Autos. Ein Pkw legt im Schnitt mit einer Energiemenge von einer Kilowattstunde eine Strecke von rund zwei Kilometern zurück, ein E-Scooter kommt vierzigmal so weit. Auch bei der Emission von klimaschädlichem CO2 seien die E-Tretroller sparsam, so Alexander Jung, Projektleiter Neue Mobilität bei Agora Verkehrswende.

Nach den derzeit vorliegenden – wenigen – Daten ersetzen die Scooter bislang aber vor allem Fußwege und nicht Autofahrten. Nachdem E-Scooter Mitte Juni in Deutschland zugelassen wurden, drängen viele Verleiher auf den Markt.

Weil die E-Roller von den Nutzern an allen möglichen Orten abgestellt werden, ist die [3][Empörung häufig groß]. Behindertenverbände weisen darauf hin, dass die Geräte für Menschen etwa mit Seheinschränkung gefährliche Barrieren sind. In wenigen Wochen ist es zu zahlreichen Unfällen gekommen – auch weil die Rollerfahrer gegen Verkehrsregeln verstoßen.

Vorschlag: Beschwerde-Hotline

Die Kommunen sollten versuchen, „die Leihangebote so zu regulieren, dass schwächere Verkehrsteilnehmer nicht beeinträchtigt werden“, sagte Christian Hochfeld, Direktor der Agora Verkehrswende. Städte sollten zum Beispiel mit den Anbietern vereinbaren, dass für Leihroller Parkplätze sowie Sperrzonen für das Abstellen und Fahren eingerichtet werden.

Auch sehen die Handlungsempfehlungen vor, dass Kommunen und Anbieter einen Zeitraum festlegen, in dem falsch abgestellte oder umgefallene Scooter entfernt werden müssen. Über eine Hotline, deren Nummer auf den Gefährten steht, sollen Beschwerden möglich sein. Auch raten die Verkehrsexperten den Kommunen, die Infrastruktur für Fahrräder und E-Roller auszubauen. E-Roller müssen auf Radwegen fahren.

Die Städte hoffen auf eine Drosselungstechnik, mit der die E-Scooter automatisch gebremst werden, wenn sie etwa in Fußgängerzonen unterwegs sind. Technisch ist das möglich. Aber noch sind solche Geräte vom Kraftfahrtbundesamt nicht zugelassen.

Mailand hat nach einem tödlichen Unfall E-Scooter kurzerhand verboten. Das könnten deutsche Städte nicht. „Wir haben keine Handhabe für ein Verbot“, sagte Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag. „Für den Verkehr zugelassene Fahrzeuge können wir nicht verbieten.“ Städte könnten aber Sondernutzungszonen ausweisen, in denen sie bestimmte Auflagen erteilen.

29 Aug 2019

LINKS

[1] /Das-Problem-mit-den-E-Rollern/!5611004
[2] https://www.agora-verkehrswende.de/presse/newsuebersicht/elektrische-leihtretroller-mikromobilitaet-mit-potenzial/
[3] /Unfallexperte-ueber-E-Scooter/!5607721

AUTOREN

Anja Krüger

TAGS

E-Scooter
Verkehr
Mobilität
Elektromobilität
Blinde Menschen
Fahrrad
E-Roller
E-Roller
Ökologischer Fußabdruck
Großstadt
Regine Günther

ARTIKEL ZUM THEMA

Nach Unfall mit E-Scootern in Bremen: Ein Hindernis zum Mieten

Im Sommer stürzte Klaus Bopp über herumliegende E-Scooter und verletzte sich schwer. Der Bremer ist blind und fordert nun, die Roller zu verbannen.

Neue Verkehrsregeln für Autofahrer: Falschparken wird teurer

Neue Verkehrsregeln auf Deutschlands Straßen: Das bedeute mehr Schutz für Radfahrer, sagt Bundesverkehrsminister Scheuer.

Abgeordnetenhaus: E-Roller: Warten auf den Bundesrat

Im Verkehrsausschuss hofft man auf Erfolg von Berliner Länderinitiative zu Erlaubnispflicht.

Nachhaltige Mobilität und E-Scooter: Mehr Macht für die Kommunen

Der E-Scooter-Markt reguliert sich nicht selbst. Vielmehr können die Gefährte Menschenleben kosten. Die Kommunen müssen reglementieren.

Das Problem mit den E-Rollern: Chaos mit Ansage

E-Roller sind nicht mehr zu übersehen – und machen die Großstädte unsicher. Nicht nur das. Wir zeigen die größten Schwachstellen.

E-Scooter in Städten: Ökologisch desaströs

Anders als behauptet stehen die neuen E-Scooter in den Großstädten nicht für Nachhaltigkeit und CO2-Vermeidung. Deshalb sollten sie wieder weg.

Unfallexperte über E-Scooter: „Das war das Risiko nicht wert“

Dass vor allem Touristen die E-Scooter nutzen, sei nicht der Sinn des neuen Mobilitätsangebots, sagt der Unfallforscher Siegfried Brockmann.