taz.de -- Klimawandel und Waldsterben: Zu trocken und zu heiß

Das Waldsterben soll wieder da sein: Diesmal bedroht nicht saurer Regen die Bäume, sondern der Klimawandel. Abhilfe ist teuer und langwierig.
Bild: Geschädigte Fichten in einem Wald bei Koblenz

In Deutschland droht ein neues Waldsterben. Das befürchtet der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) angesichts der [1][Krisennachrichten aus den Forsten]. Am Mittwoch stellte er in Berlin einen Katalog von Gegenmaßnahmen vor. „Extrem lange Trockenzeiten, Hitzeperioden und Stürme“ hätten zu einem Absterben auch älterer Bäume geführt, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Der stark geschwächte Wald werde zum Opfer von Pilzen sowie Schädlingen wie Käfern und Raupen, die sich massenhaft vermehrten. „Es ist ein Wettlauf mit der Zeit“, so Weiger. „Wir haben nur jetzt die Chance, noch etwas zu erreichen.“

Unter anderem fordert der BUND die Bundesregierung auf, im September „verbindliche Maßnahmen“ zum Klimaschutz zu verabschieden, etwa eine CO2-Abgabe oder einen schnelleren Kohleausstieg. Der Waldumbau weg von Nadelforsten hin zu naturnahen Laubmischwäldern müsse beschleunigt werden, dabei bräuchten die privaten Waldbesitzer finanzielle Unterstützung.

Gefördert sehen wollen die Naturschützer vor allem heimische Baumarten wie Weißtannen oder Eichen; damit sie heranwachsen können, müsse vor allem Rotwild stärker bejagt und mehr Forstpersonal eingestellt werden. „Der Wald ist das erste Opfer der Klimakrise“, befürchtet Weiger. „Die Kosten dafür werden in die Milliarden gehen.“

Das zuständige Landwirtschaftsministerium teilt die Analyse: „Die Dürre des vergangenen Jahres und der Borkenkäferbefall in diesem Jahr haben dem Wald schwer zugesetzt“, sagte eine Sprecherin. Weil von Schädlingen befallene Bäume gefällt werden mussten, seien nach ersten Schätzungen rund 110.000 Hektar Freiflächen entstanden, die wieder aufgeforstet werden müssten. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) fordert „ein massives, möglichst unbürokratisches Wiederaufforstungsprogramm“. Die notwendigen Investitionen hierfür schätzt das Ministerium auf rund 500 Millionen Euro – sie könnten aus dem bestehenden Klimafonds der Bundesregierung gedeckt werden.

Jahrzehntelanger Verzicht auf Einnahmen

Die Wiederbewaldung könnte allerdings wesentlich teurer werden, warnt Weiger. Gerade junge Laubbäume seien frostgefährdet. Um anwachsen zu können, benötigten sie den Schutz des Waldes. Damit auf einer kahlen Fläche wieder Bäume wachsen, müssten die abgestorbenen entrindet, dann aber liegen gelassen werden. In ihrem Schutz könnten dann zunächst Pionierarten wie Vogelbeere und Birke wachsen, sagt der promovierte Forstwirt Weiger. Nach und nach könne dann ein Mischwald entstehen. Das heißt: „Die Waldbesitzer müssten in den nächsten vierzig, fünfzig Jahren auf relevante Einnahmen verzichten.“

Dabei stöhnen die Privatwaldbesitzer – ihnen gehört etwas weniger als die Hälfte des deutschen Waldes – schon jetzt. Die Kosten der bisherigen Waldschäden schätzt der Waldeigentümerverband AGDW bereits auf 2,1 Milliarden Euro. Er fordert eine CO2-Abgabe, die den Wäldern und der nachhaltigen Waldbewirtschaftung zugute kommen solle.

Laut Pierre Ibisch, Professor für Naturschutz an der Hochschule Eberswalde, liegt ein Teil des Problems allerdings auch bei den Waldbesitzern selbst. Sie hätten die Wälder zu intensiv bewirtschaftet, sagte Ibisch dem Deutschlandfunk und fordert ein „Moratorium für den Holzeinschlag mindestens bis zum Winter“.

In den 1980er Jahren, so erinnert sich Weiger, habe der öffentliche Druck zu wirksamen politischen Maßnahmen geführt und damit das Waldsterben abgewendet: Filter und Katalysatoren säuberten die Luft. Wer die Wälder diesmal retten wolle, der müsse für mehr Klimaschutz streiten.

24 Jul 2019

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Heike Holdinghausen

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