taz.de -- Konflikt in Sudan: Die Täter gestern und heute

Vor fünfzehn Jahren wurde im Bürgerkrieg von Darfur gemordet und geplündert. Dieser Konflikt hat nie wirklich aufgehört.
Bild: Verantwortlich für Blutvergießen: RSF-Chef Hamdan Dagalo

Am 3. Juni 2004, genau fünfzehn Jahre vor der Zerschlagung der Protestbewegung in Khartum, schlugen die beiden größten Menschenrechtsorganisationen der Welt Alarm wegen der Lage in Sudans Bürgerkriegsregion Darfur. „Die sudanesische Regierung hat als Janjaweed bezeichnete Milizen ausgerüstet, trainiert und entsandt.

Sie haben Hunderte von Dörfern angegriffen und niedergebrannt, Tausende Zivilisten getötet, Hunderttausende Tiere geraubt und Vorräte und Wasserquellen zerstört“, beschrieb Human Rights Watch den Krieg von Sudans Regime gegen die aufständischen nichtarabischen Volksgruppen Darfurs.

Amnesty International sekundierte: „Die Janjaweed, oft in Militäruniform und von Soldaten begleitet, griffen jedes Dorf nicht einmal, sondern drei- oder viermal an, bis die Bevölkerung floh. […] Wir hörten Berichte über willkürliche und systematische Tötungen von Zivilisten auch in Moscheen, Vergewaltigung von Frauen und Mädchen mit ihren Ehemännern oder Eltern in der Nähe und das Anzünden alter Frauen in ihren Häusern.“

Es war die schrecklichste Zeit eines Krieges, der über zwei Millionen Menschen in die Flucht trieb, mehrere hunderttausend Tote zur Folge hatte und dem damaligen sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al-Bashir einen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs wegen Völkermordes eintrug.

Von Darfur nach Khartum

Der Haftbefehl wurde nie vollstreckt, die Verantwortlichen für den Vernichtungsfeldzug in Darfur sind allesamt ungeschoren geblieben – und manche von ihnen gestalten jetzt an höchster Stelle Sudans Politik. Die Täter von Darfur damals sind die Täter von Khartum heute.

„Ich erinnere mich an sie aus Darfur vor vierzehn Jahren“, berichtet Fergal Keane, Afrikaredakteur des britischen Senders BBC. „2005 sah ich, wie sie Zivilisten in einem Vertriebenenlager schlugen und terrorisierten, und ich interviewte Überlebende von Folter und Vergewaltigung.

Jetzt haben sie ihre Gewalt in die Straßen der Hauptstadt getragen. Die Verschwörung einer militärischen Elite, der es um den Erhalt ihrer Macht und Privilegien geht, wirft Sudan zurück.“

Flüchtlinge aus Darfur waren eine treibende Kraft der Massenproteste in Khartum. Nun sind ihre Peiniger ihnen gefolgt. Die Janjaweed, nach dem Abflauen des Darfur-Krieges umbenannt in Rapid Support Forces (RSF) und als paramilitärischer Grenzschutzverband in Sudans Streitkräfte integriert, gelten als Hauptakteure der aktuellen Gewalt in Khartum.

Der Krieg ging nie zuende

Nummer zwei im herrschenden Militärrat ist RSF-Kommandeur Hamdan Dagalo, genannt Hametti, der während des Darfur-Krieges die Milizen um Nyala in Süd-Darfur aufbaute.

Die Nummer eins, General Burhan, kommandierte einst in Zentral-Darfur die Grenzaufklärung und agierte während des Darfur-Krieges als Staatskommissar für die Rebellenhochburg Jebel Marra, ein Bergmassiv im Zentrum der Region.

Burhan und Hametti kooperierten schon damals – und auch später wieder, als Sudan Truppen zur saudisch-geführten Militärallianz nach Jemen schickte und sich dafür teuer bezahlen ließ.

Vollständig zu Ende gegangen ist der Krieg in Darfur nie. Auch die anderen Aufstandsgebiete Sudans, die Nuba-Berge und die Provinz Blauer Nil, bleiben Kriegsgebiet. Bashir verkündete zwar am 28. Januar eine unbefristete Feuerpause in all diesen Gebieten, um sich auf die Niederschlagung der Protestbewegung gegen ihn in den Städten konzentrieren zu können – aber die Kriegsfronten bleiben intakt, und es kommt immer wieder zu Gewalt, wie UN-Berichte dokumentieren.

UN-Basis in Milizenhand

Jebel Marra bleibt Schauplatz bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen Sudans Armee und Rebellen. Die RSF begeht weiterhin Übergriffe auf Zivilisten. 1,6 Millionen Vertriebene leben noch immer in Lagern.

Dokumentiert – aber nicht verhindert – wird die andauernde Gewalt von der UN-Blauhelmmission in Darfur (Unamid), die sich seit einigen Jahren im Rückzug befindet und nur noch knapp 5.500 Soldaten umfasst, bei einer autorisierten Obergrenze von über 19.000.

Die geräumten Unamid-Militärbasen werden Sudans Regierung übergeben – und von der RSF genutzt.

5 Jun 2019

AUTOREN

Dominic Johnson

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