taz.de -- Protest gegen Braunkohle im Osten: Kohlegegner besetzen Bagger
Bei Aktionen in der Lausitz und im Leipziger Land fordert „Ende Gelände“ einen früheren Kohleausstieg – und den Erhalt gefährdeter Dörfer.
LEIPZIG epd/taz | Aus Protest gegen die Beschlüsse der Kohlekommission haben Aktivisten am Montag mehrere Bagger in Tagebauen im Leipziger Land und in der Lausitz besetzt. „Die Kohlekommission hat die Menschen in den bedrohten Dörfern im Stich gelassen. Die Konzerne bekommen Geld für nichts, für die Dörfer gibt es keine Sicherheit“, sagte Nike Mahlhaus, Pressesprecherin von Ende Gelände.
„Jeden Tag fressen sich die Bagger weiter in Richtung Proschim und Pödelwitz. Wir haben heute diese Bagger besetzt, denn wir können nicht bis 2038 warten“, betonte Mahlhaus. Das Ziel der Aktionen sei der sofortige Kohleausstieg, damit alle von Abriss bedrohten Dörfer erhalten blieben: Laut Mahlhaus die „im Leipziger Land und in der Lausitz genauso wie im Rheinland“. Ort des Protests war unter anderem der Tagebau Vereinigtes Schleenhain südlich von Leipzig.
Ein Sprecher der Polizeidirektion Leipzig bestätigte, dass dort 16 Personen seit dem frühen Morgen einen Bagger besetzt und Transparente aufgehängt hätten. Zudem habe es an einer angrenzenden Landstraße eine Spontandemonstration gegeben. Die Polizei sei vor Ort, sagte der Sprecher. Es liefen Gespräche mit den Aktivisten.
Auch die Tagebaue Welzow Süd und Jänschwalde in der Lausitz waren besetzt. Das Unternehmen Leag, das die dortigen Tagebaue betreibt, bestätigte dem Sender RBB die Besetzung. In Welzow befänden sich fünf bis sechs Personen auf einem Bagger, der sofort angehalten worden sei, sagte Leag-Sprecher Thoralf Schirmer.
In Jänschwalde sei ein Bagger der Förderbrücke von rund elf Personen besetzt worden. Das Gerät sei aber wegen einer Wartung ohnehin nicht in Betrieb gewesen. Der Grubenbetrieb würde durch die Besetzung nicht gestört.
Dörfchen Pödelwitz von Abbaggerung bedroht
In dem mitteldeutschen Revier ist das Dörfchen Pödelwitz von Abbaggerung bedroht, in Brandenburg die Ortschaft Proschim. Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hatte am 26. Januar ihren Abschlussbericht vorgestellt. Als Beitrag zum Klimaschutz empfahl sie, das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland 2038 vom Netz zu nehmen. Was das genau für die vom Kohleabbau bedrohten Dörfer heißen kann, ist derzeit noch unklar.
Kohlegegner Mahlhaus kritisierte den Plan: „Kohleverbrennung bis 2038 ist kein Konsens, denn damit rauschen wir um Milliarden Tonnen CO2 an der 1,5-Grad-Grenze vorbei.“ Eine Erderwärmung von höchstens 1,5 Grad ist das Ziel des Pariser Klimagipfels von 2015, dem sich auch Deutschland verpflichtet hat. Die Protestaktion ist Teil einer Aktionswoche von „Ende Gelände“.
Ob auch ein Ausstieg bis 2035 möglich sein könnte, soll laut Kohlekommission 2032 überprüft werden. Für den Strukturwandel in den betroffenen Regionen sollen laut dem Bericht Finanzhilfen von insgesamt 40 Milliarden Euro bereitgestellt werden.
4 Feb 2019
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