taz.de -- Seehofers Abgang als CSU-Chef: Rücktritt in Trippelschrittchen

Horst Seehofer will Innenminister bleiben. Dabei würde die CSU lieber heute als morgen einen Haken an die Personalie machen.
Bild: „Ich bin Innenminister, und ich bleibe Innenminister“ – Horst Seehofer

Bautzen taz | Und? Gut geschlafen? Horst Seehofer bestätigt die Frage mit dem üblichen vielsagenden Lächeln. Der Bundesinnenminister ist am Montag beim Besuch eines Fahndungs- und Kompetenzzentrums der Bundespolizei in Bautzen und plaudert entspannt mit den Beamten, die ihm ihre Ausrüstung vorführen. Und doch ist es kein Termin wie die andern. Es ist schließlich der Morgen danach.

In einer Sitzung der engeren CSU-Führung hatte Seehofer am Sonntagabend angekündigt, den Parteivorsitz bald abzugeben – etwa auf einem Sonderparteitag im Januar. Auch, dass er bereit sei, das Ministeramt abzugeben, war kolportiert worden, doch davon ist in Bautzen nichts mehr zu hören: „Ich will die Erneuerung meiner Partei 2019 ermöglichen“, sagt er zwar und bestätigt seinen Rückzug vom CSU-Vorsitz. Doch das Dementi folgt unmittelbar: „Das Amt des Innenministers ist davon in keiner Weise berührt“, sagt Seehofer. „Ich bin Innenminister, und [1][ich bleibe Innenminister].“

Ursächlich für den Rückzug vom Parteivorsitz sei keineswegs die Landtagswahl, sagt Seehofer noch, bevor er zur Erbsensuppe schreitet. Das miserable Wahlergebnis will er sich auf keinen Fall anheften lassen – schon gar nicht alleine.

Das sehen in München nicht alle so. Jürgen Baumgärtner zum Beispiel: Als Parteichef trage Seehofer die volle Verantwortung, findet der Kronacher Abgeordnete, der sich schon unmittelbar nach der Landtagswahl als einer der Ersten mit Rücktrittsforderungen an Seehofer hervorgetan hatte. Er danke Seehofer, sagt er jetzt, dass er den Weg freimache. Und er hoffe, „dass es dabei bleibt und es nicht in zwei Stunden wieder einen Rücktritt vom Rücktritt gibt“.

Eine kräftige Watschn für Franz Josef Strauß

Baumgärtner ist auf dem Weg zur CSU-Fraktionssitzung. Einziges Thema dort: das neue Kabinett von Markus Söder. Doch die Journalisten vor dem Fraktionssaal fragen vor allem nach Seehofer. Viele wollen sich nicht äußern, bahnen sich stumm ihren Weg durch die Menge. Bei den Übrigen jedoch ist der Tenor stets derselbe: Gut, dass Seehofer diesen Schritt jetzt macht. Und wer ihm nachfolgen soll? Markus Söder, keine Frage. Es sei gut, wenn Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt in einer Hand seien.

Es sind die beiläufigen Bemerkungen, die verräterisch sind. So erklären einige Abgeordnete wie Baumgärtner, die CSU sei immer dann besonders erfolgreich gewesen, wenn die beiden Ämter in einer Hand gewesen seien. Vermutlich unfreiwillig verpassen sie damit ausgerechnet Franz Josef Strauß eine kräftige Watschn – eigentlich eine Todsünde in der CSU. Der Große Vorsitzende hatte die Partei schließlich 17 Jahre lang aus Bonn geführt. Keine besonders erfolgreiche Zeit?

Koalitionspartner erfreut

Eine andere bezeichnende Antwort gibt der Münchner Abgeordnete Josef Schmid, als er gefragt wird, ob sich die CSU nicht mit einem Parteichef [2][Manfred Weber] breiter aufstellen könnte als mit Markus Söder: „Das werden die Menschen sehr bald merken, dass wir einen Ministerpräsidenten haben, der die Breite widerspiegelt“, sagt er. Dass es bisher nicht bemerkbar war, heißt das im Umkehrschluss und passt in die Legendenbildung: Der CSU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident habe im Wahlkampf und für den Ausgang der Wahl keinerlei Rolle gespielt.

In Berlin zeigten sich der [3][Koalitionspartner wie auch die Opposition erfreut] angesichts der Rückzugsankündigung. SPD, Grüne und FDP machten aber klar, dass dies nicht genug sei: Seehofer müsse auch als Innenminister zurücktreten. Hier dürften sie sich ausnahmsweise mit manchem CSUler einig sein.

12 Nov 2018

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AUTOREN

Michael Bartsch
Dominik Baur

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