taz.de -- Solidarisches Grundeinkommen: Berlin versucht es gerechter

Ob Müller für sein „solidarisches Grundeinkommen“ Bundesmittel bekommt, ist unklar. 1.000 gemeinnützige Stellen will er so oder so.
Bild: Unser Berlin soll schöner werden. Und gerechter!

Berlin will die öffentliche Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen notfalls allein stemmen: 1.000 gemeinnützige Jobs sollen im nächsten Jahr als Testballon für das „solidarische Grundeinkommens“ entstehen, heißt es aus der Senatskanzlei. Bisher hatte Berlin für die Finanzierung vor allem auf das Bundesarbeitsministerium gehofft. Dort sei man aber „noch sehr zurückhaltend“. Der Senat verhandle weiter und versuche auch im Bundestag, MitstreiterInnen zu finden. Ein Pilotprojekt mit 1.000 Stellen könne Berlin auch ohne Bundeshilfen verwirklichen.

Seit einem Jahr macht sich Müller stark für seine Idee von einem [1][„solidarischen Grundeinkommen“], wie er es nennt. Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen hat das Modell nichts zu tun, tatsächlich geht es um Beschäftigungsmaßnahmen. Langzeitarbeitslose sollen gemeinnützige Arbeiten bei öffentlichen Unternehmen oder Sozialträgern verrichten, etwa als FahrgastbegleiterInnen, als Concierge eines Wohnungsbauunternehmens oder als Integrationslotsen.

Sie sollen dafür nach Tarif, mindestens aber mit dem Mindestlohn bezahlt werden. Verglichen mit früheren Projekten, sollen die Jobs deutlich länger laufen.

Soziale Gerechtigkeit?

Auch Bundesarbeitsministerium Hubertus Heil (SPD) will einen sozialen Arbeitsmarkt einrichten, 4 Milliarden Euro hat die große Koalition dafür in den Haushalt eingestellt. Dabei sollen Hartz-IV-Gelder verwendet und vom Staat aufgestockt werden. Müller hatte gehofft, sich hier einklinken zu können. Aber das ist noch nicht ausgemacht: Während sich Heils Programm an Menschen richtet, die seit mindestens sieben Jahren arbeitslos sind, will Müller vor allem Jobs für jene, die nach einem Jahr Arbeitslosigkeit in Hartz IV fallen würden. „Wir wollen ihnen die soziale Gerechtigkeit zurückgeben“, erklärte Müller kürzlich bei einer Podiumsdiskussion.

Der Senat verhandelt daher mit dem Bundesarbeitsministerium über eine „Öffnungsklausel“, die auch die Beschäftigung von Menschen ermöglichen würde, die kürzer arbeitslos sind – Ausgang ungewiss. 1.000 Stellen wird es nun laut Senat in jedem Fall geben; ob das Projekt wie geplant auf bis zu 4.000 Jobs ausgebaut werden kann, hängt von der Förderung ab.

Ende September hatten sich Müller und Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linkspartei) mit VertreterInnen von Landesunternehmen und Verbänden getroffen, um über das Projekt zu beraten. Eigentlich sollte ein gemeinsames Papier beschlossen werden, doch das wurde vertagt. „Es gab weiteren Gesprächsbedarf“, erklärte eine Sprecherin der Arbeitsverwaltung. Die 1.000 Stellen, die Berlin auf jeden Fall einrichten will, bezeichnete sie als „guten Anfang“.

7 Oct 2018

LINKS

[1] /Diskussion-ueber-Hartz-IV/!5533349

AUTOREN

Antje Lang-Lendorff

TAGS

Grundeinkommen
Hartz IV
Michael Müller
Arbeitslosigkeit
Michael Müller
SPD Berlin
Grundsatzprogramm
Langzeitarbeitslose
Michael Müller
Michael Müller

ARTIKEL ZUM THEMA

Solidarisches Grundeinkommen: Kleine Schritte statt großer Sprünge

1.000 Jobs für Arbeitslose: Hartz IV wird Berlins Regierender Bürgermeister mit seinem solidarischen Grundeinkommen nicht revolutionieren.

Solidarisches Grundeinkommen: Genosse Gegenwind

Michael Müllers Idee von einem solidarischen Grundeinkommen wird ausgerechnet vom SPD-Arbeitsminister ausgebremst.

SPD-Landesvorstand Berlin: Die SPD will sozialer werden

Wie kommt die Berliner SPD aus dem Umfragetief? Der Landesvorstand legt ein Programm vor, das kleinere und mittlere Einkommen entlasten soll.

Grünes Grundsatzprogramm: Grüne sägen Hartz IV ab

Fraktionschef Anton Hofreiter und Sozialpolitiker Sven Lehmann wollen eine andere Grundsicherung. Jobcenter sollen entmachtet werden.

Diskussion über Hartz IV: „Soziale Gerechtigkeit zurückgeben“

Michael Müller diskutiert in Moabit mit Arbeitslosen über die Abschaffung von Hartz IV und seine Idee eines „solidarischen Grundeinkommens“.

Landesparteitag der Berliner SPD: Klatsche für Michael Müller

Der SPD-Landesvorsitzende Müller bekam bei seiner Wiederwahl nur knapp 65 Prozent der Stimmen. Er hatte nicht mal eine Gegenkandidatin.

Michael Müller über das Aus für Hartz IV: „Das wird die Linkspartei ärgern“

Berlins Bürgermeister Michael Müller (SPD) will Hartz IV abschaffen. Sein Alternativkonzept: das Solidarische Grundeinkommen.