taz.de -- Ausbleibende nukleare Abrüstung: Trump strauchelt in Nordkorea

Die US-Regierung widerspricht sich bei ihrer Nordkoreapolitik. Trump gibt China die Schuld an der ausbleibenden Denuklearisierung.
Bild: Werden die US-Militärmanöver mit Südkorea wieder aufgenommen oder nicht? Ein südkoreanischer Schwimmpanzer beim letzten gemeinsamen Manöver im April 2018

SEOUL taz | In den letzten Wochen ist überdeutlich geworden, dass Nordkoreas Denuklearisierungsprozess ins Stocken geraten ist, bevor er überhaupt ernsthaft angefangen hat. US-Präsident Donald Trump gibt China den Schwarzen Peter: Peking sei schuld an dem Debakel, da es mit seiner Lockerung der UN-Sanktionen den Druck auf Nordkorea konterkariere.

Rückblick: Nachdem Pjöngjang Washington gewarnt hatte, dass die gemeinsamen Verhandlungen scheitern könnten, sagte Trump kurzerhand die für letzte Woche geplante Nordkoreareise seines Außenministers Mike Pompeo ab. Zugleich machte Trump deutlich, dass seine Beziehung zu Kim Jong Un weiter bestens sei. Er glaube vielmehr, dass Nordkorea unter Druck Chinas stehe. Peking wolle sich nämlich für den US-Handelskrieg rächen.

China wies dies unverzüglich als „Verdrehung der Fakten“ zurück. Die USA sollten vielmehr Selbstreflexion betreiben und nicht die Schuld bei anderen suchen.

In der Tat hat Pjöngjang möglicherweise einen berechtigten Grund, sich von Washington hintergangen zu fühlen. Laut einem Bericht des Onlinemediums Vox habe nämlich Trump bei seinem Treffen mit Kim Jong Un in Singapur am 12. Juni eigenhändig versprochen, unmittelbar einen Friedensvertrag zur Beendigung des Koreakriegs zu unterzeichnen.

USA pochen auf Abrüstung zuerst

Seither jedoch haben die USA stets darauf gepocht, dass Nordkorea zunächst sein Atomarsenal vollständig und nachprüfbar abrüstet.

Fast alle Nordkorea-Experten der US-Denkfabriken dürften sich nun bestätigt fühlen: Unisono hatten sie damals vor unkoordinierten Alleingängen und falschen Versprechungen des Präsidenten gewarnt. Überhaupt hielten sie ein Gipfeltreffen nur als Resultat eines langwierigen Prozesses für zielführend, nämlich nachdem die grundlegenden Details über einen Abrüstungsplan mit Nordkorea ausgehandelt worden seien.

Doch Trump hat das Pferd von hinten aufgezäumt: Zuerst hat er den Deal eingeheimst – und nun hat er sich in den Details verheddert.

Widersprüchliche Äußerungen zu Militärmanövern

Wie unabgesprochen Trump mit seiner eigenen Regierung agiert, zeigte sich jetzt wieder: Am Mittwoch deutete US-Verteidigungsminister Jim Mattis an, dass man die Militärmanöver mit Südkorea nach einer Pause bald wieder fortsetzen werde. Das Kim-Regime wertet die Übungen als Kriegserklärung. Am Donnerstag jedoch widersprach Trump, dass es derzeit keinen Grund gebe, die Manöver fortzusetzen.

Dabei könnte der Zickzackkurs auch Kalkül im Vorfeld des nächsten innerkoreanischen Gipfels sein, der für Ende September in Pjöngjang angesetzt ist.

Die Regierung in Südkorea reagiert jedenfalls unbeeindruckt: Ob die US-Manöver nun pausieren oder fortgesetzt werden, sei zwischen den Verbündeten auszudiskutieren. Dies sei noch nicht geschehen, heißt es aus dem Verteidigungsministerium.

Höheres Militärbudget im Süden für weniger Wachposten

An dessen Spitze hat Präsident Moon Jae-in am Donnerstag den Generalstabschef und ehemaligen Luftwaffenpiloten Jeong Kyeong Doo beordert – und ihm für nächstes Jahr einen 8 Prozent höheren Etat gegeben. Säbelrasseln ist das jedoch nicht: Ein Teil des Budgets wird dafür verwendet, die Zahl der Wachposten in der entmilitarisierten Zone zu reduzieren.

Moon hat wiederholt deutlich gemacht, dass er die wirtschaftliche Kooperation mit Nordkorea forcieren werde. Kritiker sehen dies nicht nur als Affront gegen die USA, sondern auch als einen Paradigmenwechsel: Nicht mehr die Denuklearisierung stehe an erster Stelle, sondern die friedliche Annäherung.

Eine andere Lesart klingt plausibler: Seoul zeigt dem Norden die Zukunftsvision von wachsendem Wohlstand auf – damit das dortige Regime seinen Weg der Annäherung und Abrüstung weiterverfolgt.

30 Aug 2018

AUTOREN

Fabian Kretschmer

TAGS

Nordkorea
Südkorea
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
US-Außenpolitik
Donald Trump
Abrüstung
Nordkorea
Nordkorea
Moon Jae In
USA
Kim Jong Un
Nordkorea
Nordkorea

ARTIKEL ZUM THEMA

Neue Waffentests in Nordkorea: Kim Jong Un lässt neue Waffe testen

Es ist der erste Waffentest seit Beginn der Annäherung zwischen Nordkorea und den USA. Nordkorea zufolge handelt es sich um eine neue „taktische Waffe“.

Kommentar zum Korea-Gipfeltreffen: Vage genug für einen Exit

Die Einigung zwischen Nord- und Südkorea hat einen Haken, sie ist an Maßnahmen aus USA geknüpft. Doch welche Gegenleistungen erwartet Nordkorea?

Gipfeltreffen zwischen den Koreas: Kim und Moon müssen jetzt liefern

Nord- und Südkorea müssen beim dritten Gipfel des Jahres Resultate liefern. Dann könnte es einen weiteren Kim-Trump-Treffen geben.

Beziehungen USA und Nordkorea: Zweites Treffen anvisiert

Die US-Regierung und Nordkorea bereiten ein neues Treffen vor. Trumps Sicherheitsberater hatte zuvor Kritik an der stockenden Abrüstung Nordkoreas geäußert.

Kommentar Familienbesuch in Nordkorea: Die Bevölkerung als Geisel

Kim Jong-Un lässt Familienbesuche von Südkoreanern zu und alle sind gerührt. Nüchtern betrachtet zeigen sie aber nur die Brutalität seines Regimes

Abrüstungsschritt in Nordkorea: Kim baut Startanlage für Raketen ab

Machthaber Kim zeigt guten Willen: Nach den Gipfeltreffen mit Südkorea und den USA macht Pjöngjang einen Schritt zur Abrüstung.

Machtspiele in Nordostasien: Kim Jong Un schon wieder in China

Nordkoreas Diktator Kim Jong Un laviert zwischen den USA und China. Er könnte jetzt versuchen, sie gegeneinander auszuspielen.