taz.de -- Drastisches Urteil des US-Justizministers: Häusliche Gewalt kein Asylgrund mehr
US-Justizminister Jeff Sessions beendet eine Rechtsprechung aus der Obama-Ära. Vor allem Frauen aus Zentralamerika trifft das Urteil.
Berlin taz | [1][Häusliche Gewalt] oder die Verfolgung durch kriminelle Gangs sollen künftig keine Gründe mehr darstellen, um in den USA Asyl zu erhalten. Das hat US-Justizminister Jeff Sessions in einem am Montag veröffentlichten Urteil verfügt. Im US-amerikanischen System sind die Einwanderungsgerichte, [2][die Asylfragen entscheiden], direkt dem Justizministerium unterstellt. Der Minister fungiert als eine Art Ein-Mann-Oberster-Gerichtshof – seine Entscheidungen sind endgültig.
Beim jährlichen Schulungstreffen für die Hunderte Migrationsrichter des Landes gab Sessions am Montag bekannt, die Entscheidung eines Berufungsgerichts von 2014 zugunsten der Asylberechtigung von Frauen aufgrund von Gang-Gewalt oder häuslicher Gewalt aufzuheben. Und er machte deutlich, dass diese Entscheidung auch alle anderen seither getroffenen Urteile zugunsten des Schutzanspruchs derart Betroffener für nichtig erkläre.
Künftig müssten Antragstellerinnen nachweisen, dass sie in ihren Heimatländern aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer besonderen Personengruppe bedroht würden und dass die Behörden des Heimatlandes sie in einer Weise nicht schützen, dass die Aggression selbst praktisch dem Staat zuzuschreiben sei. Nur dann könne noch ein Schutz gewährt werden.
Seit der unter der Obama-Regierung gefällten Schutzentscheidung zugunsten von häuslicher oder Gang-Gewalt betroffener Frauen seien die Zahlen der entsprechenden Asylanträge drastisch angestiegen, beklagte Sessions – von rund 5.000 im Jahr 2009 auf 94.000 im Jahr 2016. Das widerspreche dem Gedanken des Asylrechts. Das sei nämlich „niemals dazu gedacht gewesen, alle Probleme zu lösen, nicht einmal alle ernsten Probleme, mit denen sich Menschen auf der ganzen Welt jeden Tag konfrontiert sehen“.
Die allermeisten Schutzsuchenden, die vor häuslicher oder Gang-Gewalt in die USA fliehen, kommen aus El Salvador, Guatemala und Honduras. Es sei nicht einzusehen, sagte Sessions, dass die simplen Worte „Ich habe Angst vor der Rückkehr“ nach dem illegalen Grenzübertritt in die USA vor der angebrachten sofortigen Deportation schützen und langwierige Verfahren nach sich ziehen würden.
Pro-Asyl-Organisationen kritisierten Sessions’ Entscheidung scharf. Die New York Times [3][zitiert Karen Musalo], Leiterin des Center for Gender and Refugee Studies in Kalifornien: „Diese Entscheidung wirft uns ins Mittelalter der Menschenrechtsdebatte zurück“, als häusliche Gewalt noch als Privatsache angesehen wurde, die den Staat nichts angehe.
13 Jun 2018
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