taz.de -- Fahrradfahren in Badeklamotten: „So nackt wie möglich“
Berlin darf zum World Naked Bike Ride nicht alle Hüllen fallen lassen. Warum fast nackt radeln auch politisch ist, erklärt Organisatorin Katja Täubert vom VCD.
taz: Frau Täubert, der Verkehrsclub Deutschland organisiert morgen eine Fahrraddemo in Berlin – in Bikini und Badehose. Wieso das?
Katja Täubert: Mit dem [1][Berlin Bikini & Badehose Bicycle Ride] wollen wir an den World Naked Bike Ride (WNBR) anknüpfen, der seit 2001 jährlich in vielen Städten weltweit stattfindet nach dem Motto „As bare as you dare“ (So nackt, wie du dich traust). Die Aktion hat drei Anliegen. Zum einen protestieren wir gegen die vorherrschende Automobilkultur. Das Fahrradfahren in Bikini oder Badehose zeigt aber auch die Verletzlichkeit von Radler*innen im städtischen Straßenverkehr. Außerdem soll ein Zeichen gegen Bodyshaming und für die Akzeptanz aller Körperformen gesetzt werden.
Beim World Naked Bike Ride radelt man eigentlich nackt. Sind die Berliner*innen dafür etwa zu prüde?
Bestimmt nicht! Ich fand es sogar verwunderlich, dass der WNBR als globale Bewegung in Berlin bisher noch keinen Ableger hatte. Tatsächlich gab es schon einige Versuche, die Demo hier und in anderen deutschen Städten anzumelden – die Gerichte haben bisher aber immer abgelehnt: wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses und aus Kinderschutzgründen. Die Polizei hat darauf hingewiesen, dass die Leute angezogen kommen sollen. Deswegen sagen wir: so nackt wie möglich – in Bikinis und Badehosen.
Warum überhaupt nackt? Ist Haut zeigen politisch?
Es ist einfach mal was anderes. Einen Bikeride in T-Shirt und Jeans, an dem sich auch der VCD beteiligt, gibt es mit der [2][Critical Mass] jeden letzten Freitag im Monat. Aber der WNBR ist eine globale Sache, an der auch Berliner*innen teilnehmen sollen: Alle radeln an diesem Tag gemeinsam, mehr oder weniger nackt, und setzen sich so für ihr Recht ein, sicher Rad fahren zu können. Und natürlich gilt: Haut zeigen kann man, muss man aber nicht.
Am Donnerstag wurde das Mobilitätsgesetz vom Verkehrsausschuss beschlossen. Es scheint, als sei eine radler*innenfreundliche Verkehrspolitik endlich auf Gesetzesebene angekommen. Wozu noch demonstrieren?
[3][So ein Gesetz] steht zuerst einmal auf dem Papier. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass auf der Straße sofort mehr fahrradfreundliche Infrastruktur gebaut wird. Da hapert es oft auf der Umsetzungsebene. Und was im jetzigen Mobilitätsgesetz steht, ist nicht deckungsgleich mit dem ursprünglichen Referent*innenentwurf unter Mitarbeit der Initiative Volksentscheid Fahrrad.
Inwiefern?
Zum Beispiel hat die Initiative gefordert, dass der Senat einspringen muss, wenn die Bezirke mit der Umsetzung neuer Richtlinien nicht hinterherkommen. Im beschlossenen Gesetz steht nur noch: Der Senat darf eingreifen, verpflichtet ist er aber nicht.
Macht nackt Rad fahren mehr Spaß als angezogen?
Angemalt Radfahren ist auf jeden Fall etwas Besonderes! Wir sorgen für Musik, und es wird Farbe für das Bodypainting geben. Das haben wir schon ausprobiert: sitzt gut, juckt nicht und ist bei 30 Grad aus Bikinis und Badehosen auswaschbar.
Tipps fürs urbane Nacktradeln bei 30 Grad und Sonne?
Auf jeden Fall viel Wasser trinken – aber nicht so viel, dass man ständig zur Toilette muss. Eigentlich müssen die Leute nur ihre Fahrräder und gute Laune mitbringen. Wir radeln langsam, Kinder können also gut einen Teil der 20 Kilometer langen Strecke mitfahren. Selbst gestaltete Protestbilder sind auch gern gesehen. Und die entsprechende Kopfbedeckung nicht vergessen!
Helm oder Sonnenhut?
Ganz klar Sonnenhut.
8 Jun 2018
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