taz.de -- USA will Botschaft in Israel verlegen: Ab nach Jerusalem

US-Präsident Trump kündigt an, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Palästinenserpräsident Abbas spricht von gefährlichen Konsequenzen.
Bild: Blick auf die Altstadt von Jerusalem: Lässt sich die US-Botschaft wirklich bald hier nieder?

Jerusalem taz | US-Präsident Donald Trump schlägt die Warnungen aus der arabischen Welt und aus Europa in den Wind. Die US-Botschaft, so kündigte er in einem Telefonat mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Dienstag an, soll von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt werden. Bereits am Wochenende deuteten Berichte darauf, dass der US-Präsident in Kürze Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen werde.

Nabil Abu Rudeineh, Sprecher des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, teilte noch am Dienstagabend mit, dass Trumps Entscheidung „gefährliche Konsequenzen“ haben werde. Die Palästinenser hielten unverändert daran fest, dass „es keinen Staat Palästina ohne Ostjerusalem als Hauptstadt geben wird“.

Für die Palästinenser ist die überraschende Ankündigung des US-Präsidenten, der in Kürze seinen Plan für erneute direkte Friedensverhandlungen zwischen Israel und der PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation) bekannt geben wollte, ein Schlag ins Gesicht.

Bislang hielten die USA daran fest, einseitige Maßnahmen, die den Prozess unterminieren könnten, zu verurteilen. Nun prescht Trump ausgerechnet beim Thema Jerusalem, das für beide Seiten von enormer Sensibilität ist, unilateral nach vorn und ignoriert dieWarnungen, die nicht nur aus Jordanien und Saudiarabien laut wurden, sondern auch aus der Bundesrepublik und Frankreich.

Drohungen aus Ankara

Wie die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete, ruft auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, erneut zur Wiederaufnahme von Verhandlung auf, um der „Zweistaatenlösung für Palästina und Israel mit Jerusalem als geteilter Hauptstadt“ den Weg zu bereiten.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte gar mit der Aufkündigung der diplomatischen Beziehungen zu Israel, was in Jerusalem unaufgeregt aufgenommen wurde. „Es wird immer Kritiker geben“, kommentierte Bildungsminister Naftali Bennett, Chef der Siedlerpartei Das jüdische Heim. „Letztendlich zählt ein vereintes Jerusalem mehr als Erdogans Sympathie.“

Schon im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in den USA spielte Trump öffentlich mit dem Gedanken, die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem umziehen zu lassen. Seither fährt er einen Zickzackkurs, erfüllt sein Versprechen an die Israelis, die unverändert darauf drängen, indes nicht.

Besonders besorgt zeigte sich Jordaniens König Abdullah II. vor dem geplanten Umzug des US-amerikanischen diplomatischen Corps, der, wie er sagt, neue Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern zur Illusion machen würde.

Unklare Ziele

Unklar bleibt, welches Ziel Trump verfolgt. Seit Monaten arbeitet der US-Sondergesandte Jason Greenblatt an der Vorbereitung für neue direkte Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern, bei denen moderate sunnitische Staaten, allen voran Saudi-Arabien und Jordanien, Pate stehen sollen. Eine Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt würde nicht nur die arabischen Partner vor den Kopf stoßen, sondern die Palästinenser gar nicht erst erscheinen lassen.

Einen „Deal des Jahrhunderts“ habe Trump versprochen, so schimpfte Nabil Schaat, Berater von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, aber diese „Mutter aller Deals stirbt hier auf den Felsen Jerusalems“. Sollte Trump Jerusalem zur Hauptstadt Israels machen, disqualifiziere er sich als Vermittler bei künftigen Verhandlungen.

5 Dec 2017

AUTOREN

Susanne Knaul

TAGS

Jerusalem
Donald Trump
Mahmud Abbas
Israel
Friedensprozess
Israel
Jerusalem
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Arabische Liga
Westjordanland
Israel

ARTIKEL ZUM THEMA

Junge Unternehmer im Gazastreifen: Wo Grenzen nichts zählen

Im abgeriegelten Gazastreifen versuchen junge Unternehmer, im Internet Geld zu verdienen. Das geht auch ohne Geschäftsreisen.

Kommentar PLO und Israel: Drohgebärde der Palästinenser

Der PLO-Zentralrat will Israel nicht mehr anerkennen. Das ist eine Folge der Eskalation durch die USA, Israel und die Hamas.

Kommentar zu Jerusalem: Bruch des Völkerrechts

Die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem definiert den Status der Stadt neu. Und das stellt einen Völkerrechtsbruch dar.

Kommentar Streit um Jerusalem: Die zerstörte Hoffnung

Mit seinen Plänen zur Anerkennung Jerusalems hat sich Donald Trump für die Rolle des Vermittlers im Nahen Osten endgültig disqualifiziert.

Jerusalem als Israels Hauptstadt: Der US-Präsident ist disqualifizert

Was verspricht sich Trump von der Anerkennung Jerusalems? Seine Entscheidung hat Einfluss auf ein mögliches Nahostabkommen.

Trumps Nahostplan: Jerusalem als Hauptstadt anerkennen

Trump will wieder eines seiner Wahlversprechen umsetzen. Eine Entscheidung für Jerusalem wäre ein Affront für arabische Länder.

Umzug der US-Botschaft in Israel: Arabische Liga warnt vor Gewalt

Präsident Donald Trump muss entscheiden, ob die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem umziehen soll. Die Palästinenserführung warnt vor diesem Schritt.

Streit um Israelpolitik der USA: USA und PLO vor neuer Eiszeit

Washington droht, die Vertretung der Palästinenser zu schließen. Denn diese wollen Israel vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen.

Israels Zukunft: Friedenssuche in Nahost

Der nächste US-Präsident, der nächste Lösungsversuch: Die Vorstellung zweier Staaten nebeneinander beginnt zu bröckeln.