taz.de -- Monika Grütters stellt sich der Wahl (II): Sie muss wieder zittern

Gewinnt die CDU zu viele Direktmandate, verpasst sie den Bundestagseinzug: Grütters ist die einzige Spitzenkandidaten der großen Parteien, der das passieren könnte.
Bild: Monika Grütters will wieder in den Bundestag einziehen. Könnte klappen – oder auch nicht

Es ist schizophren: Je größer die Chancen der CDU, mehr Wahlkreise denn je zu gewinnen, umso mehr muss Monika Grütters zittern. Die Landeschefin der Union ist die einzige der Berliner Spitzenkandidaten der größeren Parteien, die es nicht in den Bundestag schaffen könnte.

Denn wenn CDU-Bewerber genauso viele der zwölf Berliner Wahlkreise direkt gewinnen, wie der Partei nach ihrem Zweitstimmenergebnis zustehen, dann rückt niemand über die Landesliste der Christdemokraten in den Bundestag. In diesem Fall wäre Grütters, obwohl auf dieser Liste die Nummer eins, draußen. Angela Merkel, absehbar auch künftig Bundeskanzlerin, könnte sie zwar dennoch erneut zur Kulturministerin ernennen. Aber von ihr heißt es, dass sie Kabinettsmitglieder mit Abgeordnetenmandat bevorzugt.

Dieses Risiko geht Grütters ein, seit sie 2005 erstmals für den Bundestag kandidierte: Sie ist CDU-Spitzenkandidatin, hat aber den aussichtslosen Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf. Dort gewann stets mit Abstand die Linkspartei-Politikerin Petra Pau. Auch dieses Mal sieht alles nach einem Sieg von Pau aus.

Grütters ist auf der sicheren Seite, solange die CDU ein hohes Zweitstimmenergebnis bekommt, aber in dem einen oder anderen Wahlkreis knapp verliert: Dann zieht die Landesliste auf jeden Fall. 2013 rückten sogar vier CDUler auf diese Weise in den Bundestag.

Sieg von Frank Henkel nicht ausgeschlossen

Doch 2017 ist die Lage anders: Die CDU hat zwar zuletzt in Umfragen ein bis zwei Prozentpunkte verloren und bekäme weniger Mandate. In den Wahlkreisen allerdings ist das anders: Dort geht es allein um den Abstand zur SPD, und die hat jüngst noch stärker verloren als die CDU.

Folglich hat die CDU durchaus Chancen, neben den 2013 gewonnenen fünf Wahlkreisen auch im äußerst umkämpften Neukölln zu siegen und möglicherweise sogar in Mitte, wo selbst SPDler beim jüngsten Trend einen Sieg von Ex-CDU-Landeschef Frank Henkel nicht ausschließen.

Das hieße: Sieben Direktmandate – und nur genauso viele bekommt die CDU möglicherweise über ihr Zweitstimmenergebnis. Die Landesliste würde nicht benötigt, Grütters wäre raus, die Landesvorsitzende und CDU-Hoffnungsträgerin für die nächsten Abgeordnetenhauswahlen angeschlagen.

20 Sep 2017

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Stefan Alberti

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