taz.de -- Grüne in Österreich: Peter Pilz will's wissen

Eigentlich wollte er in Rente gehen. Nun plant der Grünen-Abgeordnete Peter Pilz, bei der Parlamentswahl mit einer eigenen Liste anzutreten.
Bild: Will noch nicht in Rente: der Grüne Peter Pilz

Wien taz | Mit einer eigenen Liste will der Grünen-Abgeordnete Peter Pilz bei den vorgezogenen Wahlen vom 15. Oktober antreten. Über mangelnde mediale Unterstützung kann der profilierte Aufdecker nicht klagen. Über die möglichen politischen Konsequenzen sind die Meinungen geteilt.

Peter Pilz, 63, hat in diesen Tagen viel zu tun. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss, der Korruption bei der Beschaffung von Eurofighter Jets vor mehr als zehn Jahren aufdecken soll, ist auf der Zielgeraden. Dass der Ausschuss überhaupt zustande kam, ist nicht zuletzt das Verdienst von Pilz, der immer schon dunkle Geschäfte hinter dem Deal gewittert hat.

Der dienstälteste Parlamentarier der Grünen, der 1986 mit einem kleinen Grüppchen erstmals in den Nationalrat einzog, wollte diese Arbeit nach den Wahlen im Herbst fortsetzen: „Ich wollte ein klares und starkes Mandat und eine gewisse Wertschätzung, weil ich bekanntlich in einer Auseinandersetzung mit einem der größten Rüstungskonzerne der Welt stehe“, sagte er dem Wiener Stadtmagazin Falter.

Doch die Parteibasis wählte ihn am 25. Juni nicht auf den gewünschten vierten Listenplatz. Er unterlag dem 28jährigen Julian Schmid, der in den sozialen Medien erfolgreich lobbyiert hatte. Das Angebot, die Partei würde ihm einen Vorzugsstimmenwahlkampf finanzieren, wies Pilz zurück. Auch Lockrufen von der SPÖ widerstand er.

Von wegen drittes Leben

Bei seiner Abschiedsrede freute er sich noch auf „mein drittes Leben“ und deutete an, er werde sich aufs Altenteil zurückziehen. Doch der Zuspruch, den er von Kollegen, Medien und völlig unbekannten Leuten auf der Straße erfahren hat, dürfte ihn ermutigt haben, das Schicksal herauszufordern.

Die Idee, auf einer Liste Pilz nicht nur andere profilierte Parteigenossen, die nicht mehr aufgestellt wurden, zu sammeln, sondern die Erfolge von Emmanuel Macron und Jeremy Corbyn zu kopieren, nimmt immer mehr Gestalt an. Pilz vermeidet es, öffentlich schmutzige Wäsche zu waschen und will auch den Grünen nicht schaden.

Die spürbare Abwanderung von Wählern habe die Partei selbst verschuldet: „Die Grünen werden diese Menschen nicht zurückholen können, nicht bei dieser Nationalratswahl“, sagte Pilz der Zeitung Der Standard am Dienstag, „Wenn wir eine neue Liste machen, dann sind wir es, die diese Menschen zurückholen können und Schwarz-Blau wieder schwächer machen“, also eine ÖVP-FPÖ-Regierung verhindern.

Parteiübergreifende Allianzen

Er glaubt, jenes Potential an Unzufriedenen anzapfen zu können, das zuletzt den Urnen ferngeblieben ist oder für rechte Parteien gestimmt hat. Den Wahlkampf hofft er durch Crowd funding finanzieren zu können.

Eines der Themen, bei dem die Grünen nicht mitgehen wollten, ist der Kampf gegen den politischen Islam. Pilz hat sich mit Recep Tayyip Erdogan angelegt, als er nachwies, wie die Religionsbehörde in Ankara, die türkischstämmige Gemeinschaft in Österreich manipuliert oder einschüchtert.

Und er scheut sich nicht, parteiübergreifende Allianzen im Parlament zu schmieden, wenn damit Aufklärung und Transparenz durchgesetzt werden können. Bis zum Ende des U-Ausschusses nächste Woche hat sich Pilz Interview-Abstinenz verordnet.

4 Jul 2017

AUTOREN

Leonhard

TAGS

Wahl Österreich
Grüne Partei Österreich
Peter Pilz
Österreich
Wahl Österreich
Österreich
Wahl Österreich
Grüne Partei Österreich
Österreich
SPÖ
FPÖ
Grüne Partei Österreich
Wahl Österreich

ARTIKEL ZUM THEMA

Sozialdemokraten in Österreich: Kanzler Kerns Klotz am Bein

Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer macht mit dubiosen Beraterjobs Millionen. Das schadet seiner Partei. Im Oktober findet die Parlamentswahl statt.

Türkischstämmige Österreicher: Der Doppelpass-Verdacht

Die doppelte Staatsbürgerschaft ist in Österreich nicht erlaubt. Die rechtspopulistische FPÖ behauptet, Zehntausende hätten sie trotzdem.

Wahlkampf in Österreich: Wohltaten für alle

Im Programm der SPÖ geht es vor allem um soziale Gerechtigkeit. Themen wie Zuwanderung und Asyl kommen nur am Rande vor.

Neue Konkurrenz für Österreichs Grüne: Die Pilz-Partei

Der Ex-Grüne Peter Pilz tritt bei der Wahl im Herbst mit einer eigenen Liste an. Meinungsforscher rechnen mit einem Potenzial bis zu 15 Prozent.

Eurofighter-Ausschuss in Österreich: Luftgeschäfte mit Schrottfliegern

Der zweite Untersuchungsausschuss zur Eurofighter-Beschaffung zeigt, wie sehr die verantwortliche Regierung über den Tisch gezogen wurde.

Kommentar SPÖ und FPÖ: Befreiung aus der Zwickmühle

Die österreichischen Sozialdemokraten können sich nun doch eine Koalition mit der FPÖ vorstellen. Taktisch ist das nachvollziehbar.

SPÖ öffnet sich zur FPÖ: Tabubruch in Österreich

Mit der ÖVP wollen weder SPÖ noch die FPÖ koalieren. Jetzt hat Kanzler Christian Kern die Option mit den Rechten für grundsätzlich möglich erklärt.

Grüne in Österreich: Eine Doppelspitze soll es richten

Die EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek und die Tiroler Politikerin Ingrid Felipe sollen die Partei in die Wahlen führen. Die Umfragen sehen nicht gut aus.

Grüne in Österreich: Mit neuer Spitze in die Wahl

Die Vorsitzende der Partei, Ewa Glawischnig, tritt überraschend zurück. Der Parteivorstand will am Freitag über die Nachfolge entscheiden.