taz.de -- Pannen bei NSU-Ermittlungen: Opfer-Angehörige verklagen den Staat
Zwei Familien von Mordopfern klagen gegen den Bund, Bayern und Thüringen. Sie verlangen Schadenersatz für Fehler bei der Fahndung nach dem NSU-Trio.
München dpa | Zwei Familien von Mordopfern des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ haben den Staat auf Schadenersatz verklagt. Das Landgericht Nürnberg bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass zwei Verfahren anhängig seien.
Bei den Klägern handelt es sich um Angehörige von Enver Simsek, dem ersten Mordopfer des rechtsextremistischen NSU, und Ismail Yasar. Beide Männer waren in Nürnberg mutmaßlich von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen worden. Ihre Familien werden von Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler vertreten. Beklagte sind der Bund, der Freistaat Bayern und der Freistaat Thüringen.
Daimagüler sagte, die Klagen stützten sich auf die Pannen bei der Fahndung nach dem untergetauchten NSU-Trio. Mundlos, Böhnhardt und Beate Zschäpe hätten spätestens 2000 festgenommen und die Morde damit verhindert werden können. Außerdem habe die Polizei die Angehörigen zu Unrecht verdächtigt und unter Druck gesetzt.
Das NSU-Trio war 1998 in den Untergrund abgetaucht und erst im November 2011 nach einem missglückten Banküberfall aufgeflogen. Strafrechtlich wird das Verfahren seit über vier Jahren im Münchner NSU-Prozess mit Zschäpe als Hauptangeklagter aufgearbeitet.
18 Jun 2017
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der NSU-Opferanwalt Mehmet Daimagüler erinnert sich an die Pogrome in Rostock-Lichtenhagen. Und fragt: Woher kommt der rechte Hass in Deutschland?
Die Beweisaufnahme ist beendet. Mehr als vier Jahre dauerte sie im Terrorverfahren gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche NSU-Unterstützer.
Die Abgeordneten beanstanden das Versagen der Sicherheitsbehörden bei der Suche nach Mittätern. Sie sehen das V-Leute-System als gescheitert an.
Der „Demokratiebahnhof“ wurde von Rechten attackiert – zuletzt mit Molotowcocktails. Jugendliche hätten dabei sterben können.
Psychiater Joachim Bauer sollte Zschäpe im NSU-Prozess eine Höchststrafe ersparen. Nun wird seine Einlassung vom Gerichtsgutachter zerpflückt.
Jahrelang zog der NSU unerkannt mordend durchs Land. Die Ermittler machten die Opfer zu Verdächtigen – und die Medien folgten.
Annerose Z. verweigert im NSU-Prozess erneut eine eigene Aussage, lässt aber die Verwertung ihrer Vernehmung durch die Polizei zu. Die ist aufschlussreich.
In München steht André E. als angeklagter NSU-Helfer vor Gericht, in Zwickau wurde er nun bereits verurteilt: Weil er einen Jugendlichen verprügelte.