taz.de -- Kommentar Verlorene Ehe-für-alle-Klage: Grünes Showjammern

Die Klage der Grünen ist gescheitert – der Bundestag muss nicht über die „Ehe für alle“ abstimmen. Geholfen hat es der Partei dennoch.
Bild: Das Urteil enttäuscht – sicherlich auch Göring-Eckardt und Özdemir

Im Bundestag gibt es eine eindeutige Mehrheit für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben im Eherecht. SPD, Linke, Grüne und einige CDUler sind für die „Ehe für alle“. Leider ist die SPD Teil der Großen Koalition – und muss auf ihren Regierungspartner, die CDU/CSU, Rücksicht nehmen.

Diese Konstellation führte dazu, dass über entsprechende Oppositionsanträge zur „Ehe für alle“ seit vier Jahren gar nicht abgestimmt wurde. Vertagung folgte auf Vertagung. Das wirkte nicht nur ziemlich provokativ. Es war auch politisch unnötig.

Es wäre ja nicht das erste Mal, dass die SPD in der Koalition mit Rücksicht auf den Regierungspartner etwas ablehnt, das sie eigentlich gut findet. So ist das nun mal in der Politik. Die Wähler verstehen das. SPD-Wähler sowieso.

Die Koalition hat damit den Grünen eine Vorlage dafür gegeben, noch mal öffentlich die Arroganz der Mehrheit zu kritisieren. Dass die Oppositionsanträge dutzendfach vertagt wurden, brachte ihnen mehr Öffentlichkeit, als wenn die Mehrheit sie schnell vom Tisch gewischt hätte. Auch wenn die Grünen mit ihrer [1][Klage beim Bundesverfassungsgericht] nun verloren haben – ihre Position konnten sie durch lautes Showjammern dennoch deutlich machen.

Auch juristisch war die Klage nicht abwegig. Wer einen Gesetzentwurf einbringt, sollte einen Anspruch haben, dass darüber spätestens am Ende der Wahlperiode abgestimmt wird. So jedenfalls stellt sich der Bürger parlamentarische Arbeit vor. Die Richter sahen das nun nicht so streng. Es genüge, dass es mehrere Beratungen, eine Anhörung und eine aktuelle Stunde gegeben habe

Für die Darstellung der Positionen in der Öffentlichkeit mag das tatsächlich ausreichend sein. Sein hohes Ansehen genießt das Parlament aber daher, dass es auch ein Entscheidungsorgan ist – das höchste im demokratischen Staat. Diesen Nimbus haben die Richter mit ihrer Entscheidung nun nicht gerade gestärkt.

20 Jun 2017

LINKS

[1] /!5410618/

AUTOREN

Christian Rath

TAGS

Gender
Schwarz-rote Koalition
Ehe für alle
Bündnis 90/Die Grünen
Ehe für alle
Ehe für alle
Ehe für alle
FDP
Ehe für alle
Bundestag
Ehe für alle

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar Merkel und die Ehe für alle: Das Kämpfen hat sich gelohnt

Die Kanzlerin sagt, sie würde die Abstimmung im Parlament gerne freigeben. Das bedeutet im Klartext: Die Ehe für alle kommt.

Merkel über die Ehe für alle: Ohne Fraktionszwang entscheiden

Die Kanzlerin kann sich nun doch eine Abstimmung über die Ehe für alle vorstellen – als „Gewissensentscheidung“. Das gab es bisher nur bei ethischen Fragen.

Kommentar Ehe für alle: Ein Gefallen für die CDU

Die FDP interessiert sich nicht für Minderheiten. Mit ihrer Schönwetterpolitik will sie als Koalitionpartner der CDU Regierungspartei werden.

„Ehe für alle“ als Wahlkampfthema: FDP will, was alle wollen

Die FDP macht die „Ehe für alle“ zur Bedingung für eine mögliche Koalition nach der Bundestagswahl. Das ist kein Alleinstellungsmerkmal.

Jamaika will dafür stimmen: Schleswig-Holstein will Ehe für alle

Die CDU-geführte Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein will die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare öffnen und im Bundesrat für die Ehe für alle stimmen

Bundestagsabstimmung zur Ehe für alle: Grüne Anträge erfolglos

Im Bundestag gibt es vorerst keine Abstimmung über die Einführung der Ehe für alle. Das Bundesverfassungsgericht hat Eilanträge der Grünen abgewiesen.

Grüne drängen auf Abstimmung: Ehe für alle vor Gericht erzwingen

Nach zwei Jahren Warten haben die Grünen genug. Mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wollen sie eine Abstimmung über die Ehe für alle erzwingen.