taz.de -- Kommentar Ehe für alle: Ein Gefallen für die CDU

Die FDP interessiert sich nicht für Minderheiten. Mit ihrer Schönwetterpolitik will sie als Koalitionpartner der CDU Regierungspartei werden.
Bild: Grüne setzen sich hingegen schon lange für die Ehe für alle ein, etwa die ehemalige Hamburger Senatorin Krista Sager (rechts im Bild)

Nein wirklich, man kann Christian Lindner keinen Vorwurf machen. Ist doch toll, dass der FDP-Vorsitzende die Ehe für alle wichtig findet. Er werde, hat er in einem [1][WAZ-Interview] gesagt, seiner Partei „empfehlen, die Ehe für alle als Koalitionsbedingung für die Bundestagswahl festzuschreiben“.

Nun ja, empfehlen ist nicht fordern, kann man einwenden. Aber es ist etwas anderes, das an Lindners Aussage stört: nämlich der interessengeleitete Umgang mit Minderheitenforderungen. Pünktlich vor Wahlen erinnern sich PolitikerInnen gern an Forderungen benachteiligter Gruppen. Mal sind es die Alleinerziehenden. Dann wieder die Zuwanderer. Nun also die Schwulen und Lesben.

Ist doch gut, oder? Wann, wenn nicht in Wahlkampfzeiten, kann man die Politik inhaltlich festnageln? Ist leider nicht so gut. Fühlt sich nämlich blöd an. Angehörige von Minderheiten haben ein gutes Gedächtnis, warum in der Vergangenheit welche Partei erklärt hat, ihr Thema sei jetzt gerade so was von unwichtig. Das 2014 von der CDU in Aussicht gestellte Zuwanderungsgesetz etwa hätte in der Flüchtlingskrise Menschenleben retten können. Passiert ist nichts, obwohl die SPD mitregiert hat – man wollte die AfD- und Pegida-Anhänger nicht noch mehr reizen.

Nun also die Homo-Ehe. Klar ist: Sie wird kommen. Die gesellschaftliche Akzeptanz für gleichgeschlechtliche Paare ist riesig, und zwar in Stadt und Land. Hinzu kommt, dass Deutschland sich mit seiner geltenden Rechtslage international längst lächerlich macht. Auch Angela Merkel dürfte das mittlerweile klar sein.

Was also als selbstbewusste Geste der FDP daherkommt, ist nichts weiter als Machtpolitik. Und Christian Lindner tut der Union sogar noch einen Gefallen. Im Falle einer Koalition mit den Liberalen könnte die argumentieren, vom Partner quasi gezwungen worden zu sein. Gleichberechtigung als Morgengabe – lesbische und schwule Paare muss diese Haltung schmerzen.

25 Jun 2017

LINKS

[1] https://www.waz.de/politik/fdp-macht-ehe-fuer-alle-zur-koalitionsbedingung-id211012921.html

AUTOREN

Anja Maier

TAGS

Ehe für alle
Homosexualität
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
FDP
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
FDP
Ehe für alle
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
FDP
Ehe für alle
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten

ARTIKEL ZUM THEMA

FDP-Chef Lindners Annährung an Putin: Die Krim liegt im Baltikum

Warum der FDP-Chef die russische Annexion der Krim dulden will? Weil das im Kalten Krieg schon mit Litauern, Letten und Esten geklappt habe.

FDP-Kampagne zur Bundestagswahl: Lindner überall

Kein Plakat der FPD kommt ohne das Gesicht ihres Spitzenkandidaten aus. Die Wahlkampfthemen muss Lindner erst „noch brainstormen“.

Faktencheck zur Öffnung der Ehe: Ehe für alle statt Ehe light

Gleichgeschlechtliche Beziehungen sollen heterosexuellen gleichgestellt werden. Jetzt auch mit dem Recht, gemeinsam Kinder zu adoptieren.

Wahlkampfthema Ehe: Scheidung für alle

Huch, die SPD zeigt plötzlich Mut: Wie es Schulz gelingt, Merkel zu düpieren und dem Fortschritt der Gesellschaft zu dienen.

„Ehe für alle“ als Wahlkampfthema: FDP will, was alle wollen

Die FDP macht die „Ehe für alle“ zur Bedingung für eine mögliche Koalition nach der Bundestagswahl. Das ist kein Alleinstellungsmerkmal.

Jamaika will dafür stimmen: Schleswig-Holstein will Ehe für alle

Die CDU-geführte Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein will die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare öffnen und im Bundesrat für die Ehe für alle stimmen

Kommentar Verlorene Ehe-für-alle-Klage: Grünes Showjammern

Die Klage der Grünen ist gescheitert – der Bundestag muss nicht über die „Ehe für alle“ abstimmen. Geholfen hat es der Partei dennoch.