taz.de -- Neue Studie zu Fettleibigkeit: Jeder dritte Mensch ist zu dick
Trotz aktuellem Hype um vegane Ernährung und Fitness-Lifestyle: Seit 1980 hat sich der Anteil fettleibiger Menschen in mehr als 70 Ländern verdoppelt.
Berlin taz | Das Sprossen-Vollkornbrötchen nach der Yogastunde scheint im Trend zu sein. Ein Döner zur neusten Netflix-Serie klingt jedoch auch verlockend. Nein: verlockender. Verhaltensmuster wie diese sorgen dafür, dass die Fettleibigkeit besonders unter Kindern rasant steigt. Weltweit ist bereits fast jeder dritte Mensch übergewichtig, hat also einen Body-Mass-Index (BMI) von mindestens 25. Dies geht aus einer am Montag veröffentlichten [1][Studie im New England Journal of Medicine] hervor.
„Übermäßiges Körpergewicht ist eines der schwierigsten Gesundheitsprobleme der Gegenwart“, sagt Erstautor Ashkan Afshin vom Institute for Health Metrics and Evaluation. So starben laut der Studie 2015 etwa vier Millionen Menschen an den Folgen ihres sehr hohen Gewichts, hauptsächlich aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Besonders schlimm sei dabei Fettleibigkeit bei Kindern, sagt Frank Jakobus Rühli vom Institut für Evolutionäre Medizin an der Universität Zürich der taz. 2015 waren der Studie zufolge weltweit 108 Millionen Kinder fettleibig, hatten also einen BMI von mindestens 30. „Die rasant ansteigende Fettleibigkeit in Ländern wie China und Indien hat mit der Umstellung auf einen westlichen Lifestyle zu tun“, sagt Rühli.
Der Umschwung zu ungesünderem Essen hängt laut Rühli mit der Globalisierung zusammen: „Gewisse Fertigprodukte sind heute billiger, als wenn man selbst etwas zubereitet.“ Vor allem arme Leute gäben immer weniger für Ernährung aus, da sie sich die Kalorien günstig holen könnten.
Dies sieht die Deutsche Adipositas Gesellschaft DAG ähnlich. „Wir leben in einer übergewichtsfördernden Umwelt mit zu fettem, zu süßem, zu salzigem Convenience-Food“, sagt Pressesprecherin Stefanie Gerlach. „Der Trend zur veganen Ernährung ist kein Konzept für die breite Masse, sondern eher attraktiv für Menschen höherer Einkommens- und Bildungsschichten.“
Deshalb müsse die Politik Rahmenbedingungen für eine gesündere Ernährung für alle schaffen. Gerlach fordert unter anderem eine Steuer auf die billigen Nährstoffe Fett und Zucker. Die Nichtregierungsorganisation foodwatch will eine Abgabe für Getränkehersteller, wie es sie in Großbritannien ab nächstem Jahr geben wird. „Ab einem bestimmten Zuckergehalt sollen Coca-Cola und Co Abgaben leisten, die beispielsweise in gesundes Schulessen investiert werden“, sagt Oliver Huizinga, Experte für Übergewichtsprävention.
Huizinga will zudem Kinder vor Werbung für ungesunde Lebensmittel schützen: „Die unmündigen Verbraucher werden gezielt zu Profitzwecken manipuliert“, sagt er.
12 Jun 2017
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